Vorarlberger Landeskrankenhäuser informieren zum Thema Wartezeiten 30.01.2020
Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag, 30.01.2020, informieren LRin Martina Rüscher, Geschäftsführer Dir. Dr. Gerald Fleisch und Wolfgang Bohner, Qualitätsmanagement Vlbg. Krankenhaus-Betriebsgesellschaft, die Öffentlichkeit aktiv über das Thema „Wartezeiten in den Vorarlberger Landeskrankenhäusern“. Schwerpunktthemen sind die Definition von Wartezeiten, Gründe für Wartezeiten in einzelnen Fächern, gesetzliche Vorgaben anhand der Führung von transparenten Wartelisten sowie die Präsentation des umfangreichen Maßnahmenpakets zur langfristigen Reduktion der Wartezeiten im Sinne der Patienten – und im Rahmen des Möglichen.
Wartezeiten auf geplante Eingriffe sind besonders für Patienten unangenehm, aber auch für ein Krankenhaus selbst. „Ja, es gibt Wartezeiten in einigen wenigen Fächern“, eröffnet KHBG-Geschäftsführer Dir. Dr. Gerald Fleisch die Pressekonferenz zur Information über Wartezeiten. „Die Wartezeiten bei Wirbelsäuleneingriffen im LKH Feldkirch betragen 18 Wochen, jene bei Endoprothesen (Gelenksersatz) liegen im Bundesländervergleich im Mittelfeld bei 25 Wochen, in der Augenheilkunde warten Personen für Katarakteingriffe derzeit bis zu 47 Wochen. Wir wollen die Wartezeiten in diesen Bereichen weder schön- noch schlechtreden, sondern sachlich informieren, um Verständnis in der Öffentlichkeit zu schaffen. Wir präsentieren einen umfassenden Maßnahmenplan, der zum Teil bereits in Umsetzung ist, um diese Wartezeiten für die betroffenen Patienten zu verkürzen. Gleichzeitig informieren wir auch über unsere laufenden und geplanten Verbesserungsmaßnahmen.“ Der Geschäftsführer betont, dass „in 24 von 27 Fachbereichen, also im überwiegenden Großteil der chirurgisch tätigen Fachbereiche in den Landeskrankenhäusern, die Wartezeiten für die Patienten im vertretbaren Rahmen liegen. Patienten mit medizinisch dringenden Eingriffen und Notfällen müssen bei uns grundsätzlich nicht auf die Behandlungen warten und werden sofort behandelt.“
„Das Vorarlberger Gesundheitssystem ist qualitativ auf hohem Niveau, was die Infrastruktur, das medizinische Personal und auch das Versorgungsangebot anbelangt. Die gute Versorgung von Patienten hat für uns höchste Priorität – was sich auch im Landesbudget als größtem Posten niederschlägt. Dass es aus verschiedenen, auch z.T. schwer beeinflussbaren Gründen, zu Wartezeiten kommen kann, ist nachvollziehbar. Als Gesundheitslandesrätin will ich mich aktiv darum kümmern, die Situation für die betroffenen Patienten gemeinsam mit den Vorarlberger Krankenhäusern wesentlich zu verbessern“, begründet LRin Martina Rüscher, warum sie das Thema zur Chefsache erklärt hat.
Was heißt „Wartezeiten“?
Wenn in Zusammenhang mit Operationen von Wartezeiten gesprochen wird, sind hier planbare (elektive), nicht dringende Eingriffe gemeint. Es handelt sich um die Zeitspanne zwischen der Diagnosestellung, bei welcher der Arzt die Entscheidung zur Notwendigkeit eines Eingriffs für den Patienten fällt, bis zum tatsächlichen Eingriff.
In der OP-Planung selbst wird zwischen elektiven und medizinisch dringlichen Eingriffen unterschieden. Hier gibt es mehrere Stufen der Dringlichkeit, wobei für die Einschätzung ausschließlich medizinische Indikatoren auschlaggebend sind. Dies ist im Wesentlichen die Frage, wie schnell der Eingriff durchgeführt werden muss, um zusätzliche gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Zeitverzögerung zu vermeiden oder wie rasch die Krankheit voranschreitet.
Schmerzen bei chronischen Erkrankungen sind kein zwingender Indikator für eine Operation. Denn: Bei chronischen Erkrankungen gibt es in der Regel auch Möglichkeiten für konservative Therapien und die Einnahme von Schmerzmitteln.
Dieses restriktive System sichert die Reaktionsfähigkeit der Krankenhäuser in der Notfallversorgung. Gerade bei Wartezeiten auf von den Patienten dringend gewünschten Operationen ist der Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit für die Vertrauenswürdigkeit des Systems sehr wichtig.
„Selbstverständlich nehmen wir die Beschwerden von Patienten mit chronischen Schmerzen sehr ernst“, geht Wolfgang Bohner, Qualitätsmanagement Vlbg. Krankenhaus-Betriebsgesellschaft, ins Detail: „Der Weg ins Krankenhaus ist hier ein anderer: Bei elektiven Eingriffen wie etwa bei Knie- oder Hüftprothesen haben die Patienten meist eine lange Vorgeschichte, vor allem, was den Schmerz anbelangt. Eine Operation ist die letzte Option. Vorher wurde – z.B. im Fall einer Knieprothese – meistens konservativ (Physiotherapie, Reha, Schmerzmittel, etc.) versucht, den Beschwerden entgegenzuwirken. Nützt das schließlich nichts mehr, ist die Operation die Behandlung der Wahl. Dieser Prozess bzw. die Zeitdauer vom ersten Auftreten der Beschwerden über konservative Behandlungen bis zur Operation aufgrund starker Schmerzen gestaltet sich von Patient zu Patient unterschiedlich lang. Nach einer ambulanten Vorstellung zur Diagnosestellung und genauen Abklärung wird dann ein OP-Termin festgelegt.
Wie kann es überhaupt zu Wartezeiten auf Eingriffe kommen?
Grundsätzlich ist die maximale Auslastung eines OP-Betriebes ein wichtiges betriebswirtschaftliches Ziel. Aktuell können im LKH Feldkirch 95% der geplanten OP-Kapazität bespielt werden.
Das Thema Wartezeiten beschränkt sich auf wenige Fachbereiche und spezielle Eingriffe des Schwerpunktkrankenhauses Feldkirch. Das Qualitätsmanagement der Vlbg. Krankenhaus-Betriebsgesellschaft beobachtet in vier chirurgisch tätigen Krankenhäusern in 27 Fachbereichen die Wartezeiten in unterschiedlichen OP-Gruppen. Im überwiegenden Teil (z.B. Allgemeinchirurgie, Plastische Chirurgie, Gefäßchirurgie) liegen die Wartezeiten für die Patienten in einem vertretbaren Rahmen. In den Bereichen Kataraktchirurgie und Wirbelsäulenoperationen sowie in der Endoprothetik liegen die Wartezeiten außerhalb des akzeptierbaren Bereiches.
Gerade das Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch hat den umfassenden Notfallversorgungsauftrag für ganz Vorarlberg: Durch seine Schwerpunktfunktion (Konzentration vieler medizinischer Fächer und spezialisierter Eingriffe) steht dieses Krankenhaus einer besonders großen Herausforderung in der OP-Terminplanung gegenüber.
Weitere Gründe sind z.B. erhöhtes Patientenaufkommen aufgrund von neuen Technologien oder demographischen Veränderungen (z.B. Katarakt, Endoprothetik) oder Einschränkungen der Ressourcenverfügbarkeit z.B. durch Fachkräftemangel.
Auch Notfälle zählen zu Gründen für Wartezeiten: Sie sind naturgemäß nicht planbar, trotzdem muss für die Behandlung von Notfällen OP-Kapazität freigehalten oder freigemacht werden. Freigehalten bedeutet, der OP-Saal ist nicht für geplante Eingriffe verfügbar. Dies beeinflusst die Warteliste insgesamt. Bei sehr vielen Notfällen können in Einzelfällen bereits geplante Eingriffe von Patienten verschoben werden, um die Notfallversorgung sicher zu stellen. Dies versucht man in der OP-Planung bestmöglich zu vermeiden, indem die Notfallkapazität pro Fachbereich aufgrund objektiver Daten individuell definiert wird. Zudem müssen auch immer wieder OP-Termine kurzfristig abgesagt werden, weil die Patienten aus medizinischen Gründen zum geplanten Termin nicht operiert werden können (z.B. grippaler Infekt).
Ferner können neue Behandlungsformen erhebliche Veränderungen in der OP-Organisation mit sich bringen, weil sie für die Patienten mit dringlichem Behandlungsbedarf unbedingt notwendig sind. Als Beispiel sei hier die IVOM bei feuchter Makula-Degeneration genannt. Da diese Behandlung in den letzten Jahren eine enorme Steigerung des Patientenaufkommens erfahren hat, kann es zu einer Nachreihung von Katarakt-Patienten aufgrund der medizinischen Dringlichkeit kommen.
Umfassendes Maßnahmenpaket zur Wartezeitenreduktion für Katarakt-Patienten
Durch das Zusammentreffen von genannten Faktoren bedarf es in der Augenheilkunde unterschiedlicher Maßnahmen mit kurz-, mittel- und langfristiger Zielsetzung. „Uns ist bewusst, dass die Einschränkung der Sehfähigkeit – besonders wenn sie rasch voranschreitet - eine erhebliche Einschränkung in der Lebensqualität bedeutet. Auch für uns sind diese Wartezeiten für die betroffenen Patienten zu hoch - besonders im Bereich Katarakt-Operationen“, führt Wolfgang Bohner vom KHBG-Qualitätsmanagement aus. „Die gesamte Abteilung arbeitet hier auf Hochtouren für die Patienten, ihnen gebührt höchste Anerkennung für ihr Engagement. Aus genannten Dringlichkeitsgründen der IVOM-Behandlungen und der daraus resultierenden Wartezeiten haben die Maßnahmen hier die höchste Priorität“, so Gerald Fleisch.
Organisatorische Ad-Hoc-Maßnahmen werden derzeit umgesetzt: So ist die Krankenhausleitung seit Ende 2019 in Kontakt mit nahegelegenen Augenkliniken im nahen Ausland, um ein Kontingent an Kataraktoperationen so schnell wie möglich abzuarbeiten, ab Februar 2020 tritt diese Ausweichmöglichkeit in Kraft. Dies bringt eine rasche Entlastung der Warteliste und Reduktion der vorsorglichen Anmeldungen bei noch gutem Sehvermögen. Die dafür in Frage kommenden Patienten auf den Wartelisten werden vom Krankenhaus aktiv kontaktiert, um ihnen diese alternative Möglichkeit anzubieten.
Eine weitere Entlastung ist der vorübergehende Betrieb des Augen-OP-Saals an Samstagen ab Mitte März. „Hier gilt vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unser größter Dank!“, so LR Rüscher.
Im LKH Feldkirch ist der Neubau einer Makula-Ambulanz für IVOM-Patienten im Gange, die bis Herbst 2020 fertiggestellt wird. Dies wird mit der damit verbundenen Aufstockung des Personals zusätzliche Plankapazität für Kataraktoperationen bringen.
„Durch diese Verlagerung von IVOM-Behandlungen aus der Augenambulanz in ausgelagerte Räumlichkeiten wird in der Augenambulanz Kapazität frei, um zusätzliche Kataraktvoruntersuchungen durchzuführen. Diese Voruntersuchungen waren bislang ein Flaschenhals in der Versorgungskette“, konkretisiert Gerald Fleisch.
Auch im Bereich der Ausbildung setzt man an: So sollen am Landeskrankenhaus Feldkirch mehr Augenfachärzte ausgebildet werden, um Kataraktoperationen durchzuführen „Diese – langfristige - Maßnahme erhöht die Versorgungssicherheit und verbessert die Redundanz in der Augenabteilung in Urlaubszeiten und bei ungeplanten Personalausfällen“, so Fleisch
Weitere Maßnahmen: Organisatorische Entscheidungen und Fokus auf Personal
Die Zusammenlegung der Unfallchirurgie und Orthopädie mit Ende 2019 unter einer Leitung bringt Vorteile von Synergieeffekten in der Organisation von geplanten Eingriffen bei Gelenksersatz (OP-Kapazität, Vertretungen, Bündelung von Kompetenzen).
Dies, sowie das hochmoderne OP-Zentrum mit seiner innovativen Infrastruktur, unterstützen zudem die Rekrutierung von medizinischem und pflegerischem Fachpersonal. So ist es bereits gelungen, vier offene Stellen im fachärztlichen Bereich mit Experten mit großer OP-Erfahrung im Bereich der Endoprothetik und Wirbelsäulenchirurgie nachzubesetzen. Diese wird die Planungsstabilität für komplexe Eingriffe steigern sowie die Anzahl der Eingriffe erhöhen. Auch im Fach der Neurochirurgie wurde bereits Ende 2019 eine zusätzliche Arztstelle bewilligt, hier laufen die Bewerbungen.
Im ebenso wichtigen Bereich der OP-Pflege ist es gelungen, 27 Pflegefachkräfte für das OP- und Intensivzentrum Feldkirch zu gewinnen. Sie sind derzeit in der Einarbeitungsphase. Ab Mitte 2020 wird das OP-Zentrum mit der vorgesehenen Plankapazität in Vollbetrieb sein, was sich auf die OP-Planung aller dort tätigen Abteilungen, also auch auf die Neurochirurgie und Orthopädie, positiv auswirken wird. Auf Bundesebene arbeitet das Land zudem intensiv daran, die OTA-Fachausbildung (Operationstechnische Assistenz) auch in Österreich anerkennen zu lassen. Dies wird die Rekrutierung von OP-Fachkräften aus dem angrenzenden Ausland deutlich erleichtern.
8-Punkte-Maßnahmenplan zur Reduktion von Wartezeiten
- Seit Mitte 2019: erfolgreiche Rekrutierung von 27 Fachkräften in der OP-Pflege:
- Derzeit Einarbeitung der neu rekrutierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und im Laufe 2020 Vollbetrieb im OP-Zentrum
- Ende 2019: Zusammenlegung der Unfallchirurgie und Orthopädie unter einer Leitung; Vorteile: Synergieeffekte in OP-Planung und Personaleinsatz
- Ende 2019: Nachbesetzung 4 offener Stellen im fachärztlichen Bereich mit hochkarätigen Spezialisten mit großer OP-Erfahrung im Bereich Orthopädie
- Ende 2019: Bewilligung einer weiteren ärztlichen Stelle in der Neurochirurgie; Bewerbungen laufen derzeit
- Ab März 2020: vorübergehender Betrieb des Augen-OP an Samstagen auf Überstundenbasis
- Ab Februar 2020: Verlagerung eines Kontingents an Kataraktoperationen ins grenznahe Ausland: aktive Kontaktaufnahme mit den dafür in Frage kommenden Patienten
- Bis Herbst 2020: Neubau einer Makula-Ambulanz im LKH Feldkirch
- Kosten: 1,4 Mio. Euro
- 5.000 Patientenbehandlungen / Jahr
- Herbst 2020: mit Inbetriebnahme der Makula-Ambulanz Aufstockung der personellen Kapazität in der Augenabteilung (Ambulanz und OP)