Stoßwellentherapie übersiedelt an das LKH Bludenz 15.01.2019
- Leidensweg bei schwer heilenden Knochenbrüchen mit schonender, nicht invasiver Methode abkürzen
- 100 Patienten pro Jahr profitieren von Behandlung
ESWT steht für „extrakorporale Stoßwellentherapie“. Dies ist eine schonende Therapiemethode, die ab Jänner nun am Standort LKH Bludenz angeboten wird. Mit dieser Methode können viele Patienten, die nach einem Knochenbruch z.B. an einer verzögerten Heilung leiden, ohne weitere Operation behandelt werden. Dabei regen hochenergetische, fokussierte Druckwellen die Verbesserung der Durchblutung bzw. Aktivierung des Zellwachstums für neues Knochengewebe an und unterstützen den Heilungsprozess. Seit Herbst 2017 wurde diese Behandlung am LKH Feldkirch als Pilotprojekt angeboten, ab Jänner wird diese Behandlung im Sinne der Leistungsaufteilung nun am LKH Bludenz angesiedelt. Jährlich kann ESWT-Experte OA Dr. Berthold Meusburger, Unfallchirurg LKH Feldkirch, gemeinsam mit dem Team vom LKH Bludenz rund 100 Patienten helfen.
Als Stoßwellen bezeichnet man starke Druckwellen, die sich mit Überschallgeschwindigkeit ausbreiten und extrem hohe Energie aufweisen. In der Natur werden sie z.B. durch Blitze oder Explosionen ausgelöst. Auch in der Medizin kommen sie zum Einsatz, und zwar in der Stoßwellentherapie. Seit 2017 gibt es das Angebot auch in Vorarlberg - und zwar in Form eines erfolgreichen Pilotprojektes am LKH Feldkirch. Nun wird die hochenergetische Stoßwellentherapie auf eine neue Stufe gehoben und ab 15. Jänner 2019 an der Tageschirurgie im LKH Bludenz in Kooperation mit dem LKH Feldkirch neu angesiedelt. OA Dr. Berthold Meusburger, Unfallchirurgie Feldkirch, ist Initiator des Projektes und ESWT-Experte. Er wird seine Erfahrung mit dieser neuen Therapieform mit den Kollegen aus dem LKH Bludenz teilen und dort zweimal monatlich Stoßwellenbehandlungen durchführen. Zudem wird eine Spezialambulanz für Stoßwellentherapie für das ganze Land Vorarlberg am Standort Bludenz eingerichtet. Die Erstvorstellung der Patienten erfolgt nach Voranmeldung durch den zuweisenden Arzt.
ESWT: Schonende Alternative zu Operation
"Hauptsächlich behandeln wir Patienten mit sog. Pseudarthrosen. Dies bedeutet, dass nach einem Knochenbruch die Heilung nicht zeitgerecht oder nicht in der gewünschten Form stattfindet und sich ein instabiles Scheingelenk bildet. Ursachen für Pseudarthrosen können z.B. im Vitalitätsgrad des Knochens liegen, wenn etwa die Durchblutung nicht ausreichend funktioniert. Oder es liegt an einer mechanischen Instabilität, wenn z.B. eine eingesetzte künstliche Platte oder ein Nagel auslockert“, erklärt der Unfallchirurg. Die medizinische Sanierung einer Pseudarthrose erfordert klassischerweise wiederholte chirurgische Eingriffe mit relativ hohem Aufwand und gesteigertem Risiko. Dabei ist die Frage nach dem operativen Ausgang im Vorhinein oft schwer abzuschätzen. „Diese Krankheitsbilder gehen mit erheblichem Leidensdruck bis hin zur Invalidisierung einher. Vor diesem dramatischen Hintergrund ist die unkomplizierte und nicht invasive Behandlungsmöglichkeit der Stoßwellentherapie zu sehen“, so OA Meusburger. Bei den jährlich geschätzten 400.000 Frakturen in Österreich kommen ca. bei 2.5% der Patienten in Folge solche Pseudarthrosen vor. Ist ein Betroffener für die Stoßwellentherapie geeignet, beziffert Dr. Meusburger das Heilungsergebnis mit 70-80%. Neben den Pseudarthrosen werden auch bestimmte Knochenläsionen (Osteochondrosen) oder aseptische Knochennekrosen (Absterben von Gewebe) im Anfangsstadium behandelt.
Anregung des Heilungsprozesses durch Stoßwellentherapie
Nach der Abklärung in der Spezialambulanz erhält der Patient einen Behandlungstermin. Am Behandlungstag erhält der Patient eine Narkose, weil der Vorgang im wachen Zustand schmerzhaft ist. Nun wird mittels Röntgen die genaue Stelle der fokussierten Wellenausbreitung lokalisiert und der Therapiekopf des Stoßwellengerätes exakt positioniert. In diesem mit Wasser gefüllten Therapiekopf befindet sich eine Elektrode (ähnlich einer Zündkerze), die mittels elektrischer Entladung die hochenergetische Stoßwelle mit einem Druck von 500 bar erzeugt. Durch die Ausbreitung der Welle in Überschallgeschwindigkeit entsteht ein geräuschvoller Knall (Überschallknall). Die Stoßwelle selbst würde sich normalerweise kugelförmig ausbreiten, wird aber durch einen Reflektor gebündelt und über eine Silikonmembran über die Haut in den Körper übertragen. „Dieser Vorgang ist vergleichbar mit einem Blitzschlag unter Wasser und seiner Fortsetzung als Energieentladung oder -verdichtung im Körper“, führt Dr. Meusburger aus. „Die Stoßwellen treffen gebündelt auf den Knochen in tiefer gelegenen Körperzonen (7-9cm), ohne das darüber liegende Gewebe (Haut, Muskeln, Sehnen) zu verletzen. Der wirksame Prozess wird als Mechanotransduktion bezeichnet. Durch die mechanischen Impulse werden körpereigene Botenstoffen und Wachstumsfaktoren (Proteine) für die Bildung neuer Gefäße aus verschiedenen Zellen freigesetzt, um eine Durchblutung entweder überhaupt wieder zu gewährleisten oder sie zu verbessern. Gleichzeitig werden jene Stammzellen aktiviert, die Knochengewebe als Basis für neue Knochensubstanz bilden (Osteoblasten).“ Ziel ist es, durch die Anregung der natürlichen und körpereigenen Zellproduktion den Heilungsprozess bei gestörter Knochenbruchheilung zu unterstützen. Die Behandlung selbst dauert rund 20 Minuten, insgesamt werden ca. 3000-4000 Impulse appliziert. Diese Dosis stellt der Arzt individuell auf das Krankheitsbild des Patienten ein, um ein optimales Behandlungsergebnis zu erzielen, normalerweise reicht eine Behandlung aus.
Am nächsten Tag kann der Patient das Krankenhaus verlassen. Allerdings muss die behandelte Körperregion danach 4-6 Wochen mit Gips ruhig und belastungsfrei gestellt werden, damit die Blutgefäßneubildung und das Knochenwachstum ungestört erfolgen kann.
Wichtige Ergänzung im angebotenen Behandlungsspektrum für Vorarlberger Patienten
Somit ist diese relativ neue Behandlung eine wichtige Ergänzung in Therapieangebot für betroffene Patienten. „Auch die medizinische Wissenschaft bestätigt der ESW-Therapie Effizienz, Komplikationslosigkeit und einen geringen zeitlichen sowie ökonomischen Aufwand im Vergleich zur operativen Therapie“, erklärt Dr. Meusburger, der sich seit 2015 mit dem Thema beschäftigt und auch bei Österreichs Stoßwellen-Experten Dr. Wolfgang Schaden vom AUVA-UKH- Meidling die entsprechende Ausbildung absolviert hat. Mit seiner Abteilung der Unfallchirurgie Feldkirch beteiligt sich der Abteilungsleiter Prim. Doz. Dr. René El Attal zudem an einer groß angelegten Studie im Rahmen der „wings for life“ Stiftung. „Die Studie beschäftigt sich mit der therapeutischen Anwendung von niederenergetischer Stoßwellentherapie bei Wirbelbrüchen mit begleitender Querschnittlähmung.“ Seit der Anschaffung des mobilen ESWT-Gerätes im September 2017 wurden 140 Patienten bisher am LKH Feldkirch behandelt, gerechnet wird mit ca. 100 Behandlungen pro Jahr am neuen Standort LKH Bludenz.