Prostatakrebs in Vorarlberg häufigste Krebsform beim Mann 03.11.2021
Heilungschancen im Frühstadium sehr hoch
Jährlich erhalten 200 Männer in Vorarlberg die Diagnose „Prostatakrebs“. 45 Männer im Land sterben pro Jahr daran. Prostatakrebs ist in Vorarlberg mit 3.500 Patienten die häufigste Krebsform beim Mann. Die gute Nachricht: Erkennt man den Krebs im Frühstadium, sind die Heilungschancen sehr hoch. Am 3.11. ist Weltmännertag – der Aktionstag zur Männergesundheit erinnert daran, dass Vorsorge und Früherkennung Leben retten können:
„Auf Grundlage unserer Erfahrungen empfehlen wir die Vorsorgeuntersuchung mit Tastuntersuchung und Bestimmung des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) für Männer ab einem Alter von 45 Jahren“, betont OA Dr. Bernd Hartmann. Er ist Präsident der Österreichischen Krebshilfe Vorarlberg und geschäftsführender Oberarzt der Abteilung „Interne II“ am Landeskrankenhaus Feldkirch. Noch werden die Vorsorgeuntersuchungen allerdings zu wenig wahrgenommen.
Sterblichkeit deutlich zurückgedrängt
Außerdem herrscht in der Fachwelt nach wie vor keine einheitliche Meinung zur Aussagekraft der sogenannten „PSA-Tests“, die einen Hinweis auf eine mögliche Krebserkrankung geben können (erhöhte PSA-Werte können auch vorkommen, ohne dass Krebs dahinter steckt). „Tatsache ist aber, dass in Vorarlberg durch die Vorsorge mit PSA-Bestimmung die Sterblichkeit in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgedrängt werden konnte“, erklärt Dr. Hartmann. Die Behandlung von Prostatakarzinomen erfolgt immer nach individuellem Risiko und wird in jedem Fall ausführlich mit dem Patienten besprochen.
„Durch die Erkenntnisse aus zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen der letzten drei Jahrzehnte hat sich die Prostatakrebsvorsorge sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie grundlegend geändert“, bekräftigt Univ. Doz. Dr. Alfred Hobisch, Primar der Abteilung für Urologie am LKH Feldkirch:
„In den 90er Jahren wurde bei pathologischen PSA-Werten routinemäßig eine Prostatabiopsie durchgeführt. Heutzutage wird primär eine MRT-Untersuchung der Prostata veranlasst, um eine Prostataentzündung auszuschließen, die ebenfalls zu einer Erhöhung des PSA-Wertes führt. Dadurch kann etlichen Männern eine Prostatabiopsie erspart werden. Andererseits können nach erfolgter MRT-Untersuchung - und dort bildgebend lokalisierten bösartigen Veränderungen - präzisere Biopsien mit wesentlich höherer Entdeckungsrate durchgeführt werden.
Bei Bestätigung eines Prostatakarzinoms nach erfolgter Prostatabiopsie wurde früher meist eine radikale Therapie angeschlossen. Heutzutage wird eine individualisierte Strategie angestrebt. Dabei werden das Tumorvolumen, die Aggressivität des Tumors sowie das biologische Alter des Patienten und Begleiterkrankungen berücksichtigt. Mit dieser Strategie kann eine Übertherapie und damit Einschränkung der Lebensqualität minimiert werden.“
Prim. Univ. Doz. Dr. Alfred Hobisch
Oft keine Symptome im Frühstadium
Das Tückische am Verlauf dieser Tumorerkrankung ist, dass im Frühstadium, wenn der Tumor noch auf die Prostata beschränkt ist, oft keine Symptome auftreten. Dadurch wiegen sich viele in falscher Sicherheit. „Erst wenn das Karzinom so groß geworden ist, dass es auf die Harnröhre drückt, kommt es zu Beschwerden beim Urinieren“, erklärt Dr. Bernd Hartmann. Daher ist eine Früherkennung nur durch regelmäßige Tastuntersuchungen und die Messung des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut möglich. Dadurch kann die Behandlung noch rechtzeitig erfolgen und eine Ausbreitung im Körper verhindert werden.“
Risikofaktoren bestimmen
In einem ärztlichen Vorsorgegespräch kann das individuelle Risiko für Prostatakrebs bestimmt werden: „Männer, deren Brüder und/oder Väter an einem Prostatakrebs erkrankt sind, haben ein zwei- bis vierfach erhöhtes Risiko, ebenfalls an einem Prostatakrebs zu erkranken“, weiß der Mediziner. Auf Betreiben der Krebshilfe, der ÖGK sowie der Ärztekammer haben in Vorarlberg alle Männer ab einem Alter von 45 Jahren die Möglichkeit, über eine risikoangepasste Früherkennung informiert zu werden. Es ist also eine Art „Basisbestimmung“, um anschließende Untersuchungen individuell durchführen zu können.
Bei Männern mit einem familiären Risiko kann der Beginn der Vorsorge auch um fünf Jahre vorverlegt werden, sagt OA Dr. Bernd Hartmann. „Der Arzt klärt über die Vor- und Nachteile der Früherkennungsmaßnahmen auf und informiert insbesondere über die Aussagekraft von positiven und negativen Testergebnissen sowie über gegebenenfalls notwenige weitere Maßnahmen.“ Das verhindert weitere Blutabnahmen und unnötige Eingriffe.
FACTBOX:
Männer ab 45 und einer Lebenserwartung >10 Jahre
• PSA < 1 ng/ml: Intervall alle 4 Jahre
• PSA 1-2 ng/ml: Intervall alle 2 Jahre
• PSA > 2 ng/ml: Intervall jedes Jahr
Für Männer über 70 Jahren und einem PSA-Wert < 1ng/ml wird eine weitere PSA Messung zur Früherkennung nicht empfohlen.
Medizinischer Fortschritt bietet neue Chancen
Der medizinische Fortschritt ermöglicht bei der Heilung von früh erkanntem Prostatakrebs neue Möglichkeiten. Am Landeskrankenhaus Feldkirch ist seit rund zwei Jahren Österreichs innovativstes roboterassistierte Chirurgie-System „da Vinci“ in Betrieb. Speziell in der Urologie hat das System die Behandlung revolutioniert, erklärt Univ. Doz. Dr. Alfred Hobisch: „Durch den OP-Roboter konnte die Operationsmethode der radikalen Entfernung der Prostata bei Prostatakrebs von einer offenen Operation zu einer minimalinvasiven, roboterassistierten Prostatektomie komplett umgestellt werden.“
Schneller mobil, rascher kontinent
Und das bietet große Vorteile für den Patienten: „Der Schmerzmittelgebrauch hat sich durch das Wechseln von einer offenen Schnittoperation zur minimalinvasiven Operation um gut 90 Prozent reduziert“, resümiert Primar Alfred Hobisch. „Dazu kommt: die Patienten sind ab dem zweiten Tag wieder auf den Beinen. Und der Dauerkatheter, der während der Operation zur Abheilung eingelegt wird, kann durchschnittlich um zwei bis vier Tage früher entfernt werden.“ Auch der stationäre Aufenthalt der Patienten ist um zwei bis vier Tage kürzer als nach einer Schnittoperation. Insgesamt sind Patienten, die minimalinvasiv operiert werden, wesentlich schneller wieder kontinent, also „trocken“: „Gut ein Drittel der Patienten war am Tag nach Entfernung des Katheters größtenteils ohne unwillkürlichen Harnverlust. Der größte Anteil der restlichen Patienten war entweder nach der ersten Kontrolle drei Wochen danach oder spätestens nach drei Monaten wieder soweit kontinent, dass die Patienten lediglich eine Einlage aus Sicherheitsgründen verwendet haben.“
Am LKH Feldkirch sind bis dato 112 solcher roboterassistierter Prostataentfernungen mit und ohne Lymphknotenentfernung durchgeführt worden. Bei keiner dieser Operationen musste aufgrund von Schwierigkeiten beim Eingriff oder aufgrund von Komplikationen (etwa einer Blutung) zu einer offenen OP gewechselt werden. Bei keinem Patienten musste eine Blutkonserve verabreicht werden, und es kam zu keinen größeren Komplikationen. Alle Patienten sind spätestens zwei Stunden nach der Operation vom Aufwachraum auf die urologische Abteilung zurückgebracht worden. Diese Männer haben Dank rechtzeitiger Diagnose und der richtigen Behandlung eine ausgezeichnete Prognose.