Onkologie-Netzwerk Vorarlberg: Gut vernetzt im Kampf gegen Krebs
Erster Meilenstein der Gesundheits-Triangel
Für die bestmögliche Versorgung von Krebskranken werden sich behandelnde Spitalsärztinnen und -ärzte mit niedergelassenen Gesundheitseinrichtungen im Onkologie-Netzwerk Vorarlberg zusammenschließen. Dieses wird nun ausgebaut: Noch heuer kommt in allen Krankenhäusern eine virtuelle Tumorboardplattform zum Einsatz, die den interdisziplinären Austausch zu Diagnostik und Therapie auf dem neuesten Stand der Technik erlaubt. In Feldkirch soll ein zertifiziertes onkologisches Zentrum entstehen. Der neu ernannte onkologische Koordinator Primar Priv.-Doz. Thomas Winder, PhD, Leiter der Innere Medizin II im Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch/LKH Rankweil, setzt auf Kooperation, Ausbildung und Forschung.
Landesrätin Rüscher setzt auf die Stärkung der „Gesundheitstriangel“: gesunde Menschen sollen länger gesund bleiben (Prävention stärken), erkrankte Personen die bestmögliche Behandlung erfahren (Gesundheitssystem bedarfsgerecht weiterentwickeln) und – wo Heilung nicht oder nicht mehr möglich ist – Vorarlberger:innen trotz Einschränkungen eine hohe Lebensqualität ermöglicht werden. Durch Schwerpunktsetzungen, verstärkte Kooperation zwischen den Häusern und mit dem niedergelassenen Bereich sowie dem Ausbau von Forschung, Aus- und Fortbildung sollen sowohl die Behandlungsqualität als auch die Arbeitsplatzqualität weiter verbessert werden. „Ziel des Onkologie-Netzwerks Vorarlberg ist, dass alle an Krebs erkrankten Personen die bestmögliche Behandlung erfahren – auf aktuellstem Stand der Wissenschaft, möglichst wohnortnah und angepasst an die individuelle Erkankung.“, so Primar Thomas Winder. .
Ein Pilotprojekt der Kooperation bildet das neue Vorarlberger Onkologie-Netzwerk. Die Diagnose Krebs stellt einen tiefen Einschnitt im Leben der Betroffenen dar. Zwar hat die Krebsforschung in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt: Erkrankungen lassen sich heute präziser erkennen, zielgerichteter behandeln und auch die Heilungschancen sind gestiegen. Der Weg für die Betroffenen ist dennoch ein steiniger. In dieser Ausnahmesituation braucht es ein starkes, vertrauensvolles Netzwerk, welches die Erkrankten auffängt und sicher trägt – im Alltag wie in der medizinischen Betreuung. Diese gestaltet sich bei Krebspatient:innen höchst komplex.
Krebsbehandlung ist Teamwork
Die onkologische Versorgung folgt längst einem interdisziplinären Ansatz. Involviert sind darin nicht nur die verschiedenen Fachabteilungen in den Krankenhäusern abhängig von der Diagnose, sondern außerdem niedergelassene Praxen, die Krebshilfe, mobile Palliativteams, die Hauskrankenpflege sowie verschiedene Unterstützungs- und Beratungseinrichtungen. Vor diesem Hintergrund ist das Onkologie-Netzwerk Vorarlberg entstanden, das alle Beteiligten zum Wohle der Patient:innen miteinander verbindet.
„Mit dem Onkologie-Netzwerk Vorarlberg haben wir die Basis für ein optimiertes und einheitliches Vorgehen von der Diagnostik über die Therapie bis zur Nachsorge geschaffen“, konkretisiert die zuständige Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher. „Unser gemeinsames Ziel ist es, allen Krebspatient:innen im Land die bestmögliche Behandlung und Begleitung zukommen zu lassen – möglichst wohnortnah und ganz auf ihre individuelle Erkrankung angepasst.“ Über das Onkologie-Netzwerk werde jedoch nicht nur die Zusammenarbeit im Land gestärkt, sondern auch die Kooperation mit Onkologie-Zentren außerhalb. Als wichtigstes Zuweisungszentrum für Vorarlberg bei komplexen oder äußerst seltenen Befunden gilt die Klinik für Onkologie und Hämatologie an der Universitätsklinik Innsbruck.
Onkologischer Koordinator in den Landeskrankenhäusern
Die Krankenhausbetriebsgesellschaft hat mit Primar Priv. Doz. Dr. Thomas Winder, PhD, einen ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet der Krebsmedizin zum onkologischen Koordinator bestellt. Der Leiter der Abteilung für Innere Medizin II am LKH Feldkirch/Rankweil, der das Onkologiekonzept mit ausgearbeitet hat, wird in dieser Funktion die Zusammenarbeit zwischen den onkologisch tätigen Abteilungen in den Landeskrankenhäusern verstärken und das Onkologie-Netzwerk Vorarlberg konsequent ausbauen. Ganz oben auf seiner Agenda stehen derzeit die Einführung von krankheitsspezifischen, organisationsübergreifenden Tumorboards, die Weiterentwicklung der Tumordokumentation sowie eine Zertifizierung um die hohe Qualität weiterhin gewährleisten zu können.
Tumorboard als Diskussionsforum und Entscheidungsgrundlage
„Das Tumorboard ist eine interdisziplinäre Plattform, im Rahmen derer alle Erstdiagnosen einer Krebserkrankung diskutiert und Behandlungsempfehlungen abgegeben werden“, erklärt Winder. „Die betreuenden Ärzt:innen können sich über dieses Diskussionsforum austauschen und ihren Patient:innen schließlich individuelle Entscheidungsvorschläge unterbreiten.“ Sogenannte Tumorboards sind bereits lange etabliert. Neu ist, dass die virtuelle Plattform nun auch in der viszeralen, hämatologischen und Thorax-Onkologie angewendet wird und dass alle Vorarlberger Landeskrankenhäuser daran teilnehmen werden.
In den LKH Feldkirch und Rankweil wird das Tumorboardsystem in den kommenden Wochen installiert und nach erfolgreicher Testphase in den anderen Häusern ausgerollt. Läuft alles nach Plan, startet im Herbst das landesweite Tumorboard für die eben genannten Bereiche. Den technischen Unterbau bildet das webbasierte Tumordokumentationssystem „Celsius 37“. Diese IT-Lösung gewährleistet eine durchgängige und umfangreiche fachliche Dokumentation über den gesamten Behandlungsprozess. Zudem verfügen die Spitäler damit über ein wertvolles Werkzeug für Qualitätssicherung und wissenschaftliches Arbeiten. Das Dokumentationssystem ist nicht zuletzt auch die Voraussetzung für die angestrebte Zertifizierung als Tumorzentrum.
Qualitätssiegel für exzellente Behandlung
In Vorarlbergs Schwerpunktabteilung für Innere Medizin II in Feldkirch laufen für die Zertifizierung zum Onkologie-Zentrum schon die Vorbereitungen, der Evaluierungsprozess startet im Sommer. „Das von der Deutschen Krebsgesellschaft DKG ausgestellte Zertifikat gilt als anerkannte Auszeichnung für höchste Behandlungsqualität auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Das ist der Anspruch, den wir mit dem Onkologiekonzept verfolgen“, sagt Landesrätin Rüscher.
Im Juni 2021 beginnt ein externes, auf den Gesundheitsbereich spezialisiertes Beratungsunternehmen mit der Standortevaluierung in Feldkirch. Nach Abschluss des umfangreichen Evaluierungsprozesses wird das Onkologienetzwerk dann als „DKG zertifiziertes Tumorzentrum“ ausgezeichnet. „Bis Ende 2022 möchten wir in einem ersten Schritt ein DKG-zertifiziertes Zentrum für Hämatoonkologie etablieren und in weiterer Folge für viszerale Onkologie und Thoraxonkologie“, so Rüscher.
Kooperation mit Stadtspital Dornbirn aufgegleist
Für eine weiterführende Zusammenarbeit im neuen Netzwerk ist das webbasierte Tumordokumentationssystem „Celsius 37“ auch im Stadtspital Dornbirn in Vorbereitung. In einem ersten Schritt der Zusammenarbeit soll die Hämatoonkologie Dornbirn in das Tumorboard eingebettet werden.
Niedergelassene und externe ambulante Einrichtungen als wertvolle Anlaufstellen
Bei der Versorgung von Tumorerkrankten kommt natürlich auch dem niedergelassenen und ambulanten Gesundheitsbereich in vielerlei Hinsicht eine wesentliche Aufgabe zu.
MR Dr. Harald Schlocker, Vizepräsident des Vereins aks, ärztlicher Leiter der Gesundheitsbildung für Erwachsene im aks und Chefarzt der ambulanten Reha-Einrichtung des aks in Bregenz, verweist insbesondere auf die kostenlos angebotenen Screeningmaßnahmen zur Früherkennung: „Durch die Vorsorgeuntersuchungen, die bei Haus- und Fachärzt:innen in Anspruch genommen werden können, lassen sich etwaige Krebserkrankungen möglichst in einem frühen Stadium erkennen und mit deutlich besseren Aussichten auf Heilung behandeln.“ In der Nachsorge und der psychosozialen Begleitung seien die Praxen ebenfalls eine wichtige Anlaufstelle für die Betroffenen.
Die im September 2020 in Betrieb gegangene ambulante Reha-Einrichtung des aks, die „reha+“, bietet den betroffenen Menschen im Rahmen der onkologischen Rehabilitation Hilfestellung bei der Rückkehr in den privaten, gesellschaftlichen und beruflichen Alltag an. Sie können dabei in ihrem gewohnten Umfeld verbleiben. Die onkologische Rehabilitation basiert auf einem 3-Säulen-Konzept: Körperliches Training, Psychoonkologische Betreuung sowie Schulung und Beratung.
Innerhalb des Onkologie-Netzwerks wird daher also ein enger Kontakt zwischen intra- und extramuralem Bereich gepflegt und ein laufender Austausch forciert. Auch in die Prozesse werden die Beteiligten in- und außerhalb der Spitäler eingebunden. Um die Nachbetreuung optimal gestalten zu können, erhalten niedergelassene Ärzt:innen und Fachärzt:innen Zugang zum Tumorboard. Darüber hinaus wurde am Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch bereits vor Längerem eine 24h / 7 Tage Verfügbarkeit auf Facharztebene eingerichtet, die rund um die Uhr spezifische Beratung in kritischen Fällen bietet.
Psychoonkologische Begleitung: Hilfe für die Seele
Fast ebenso schwer wie die körperlichen Folgen einer Krebserkrankung wiegen für viele Betroffenen die seelischen Auswirkungen. In jeder Phase: Die Diagnose stürzt Erkrankte und deren Angehörigen in eine existenzielle Krise, starke Schmerzen oder Nebenwirkungen der Therapie beeinträchtigen die Lebensqualität und nach überstandener Erkrankung fällt der Wiedereinstieg in den Alltag oft schwer.
„Psychoonkologische Begleitung kann Betroffenen dabei helfen, ihre Situation anzunehmen und eigene Ressourcen zu mobilisieren“, spricht Dr. Bernd Hartmann aus Erfahrung. Der leitende Oberarzt der Abteilung für Innere Medizin II am LKH Feldkirch ist seit Jahresbeginn Präsident der Krebshilfe Vorarlberg, die in diesem Bereich mit den Spitälern Hand in Hand zusammenarbeitet. „Während ihres stationären Aufenthalts erhalten die Patient:innen in den Krankenhäusern psychoonkologische Beratung. Nach ihrer Entlassung führen die Krebshilfe und andere Einrichtungen wie der psychosoziale Dienst diese auf hohem Niveau fort.“ Auch eine finanzielle Unterstützung kann Krebspatienten angeboten werden, wenn eine finanzielle Notlage besteht. Das Onkologie Netzwerk bietet außenstehenden Institutionen wie der Krebshilfe die Möglichkeit sich mit den Abteilungen besser zu vernetzen um eine nahtlose Betreuung der Patienten zu gewährleisten.
Know-how-Aufbau und Forschungsaktivität
Mit vereinten Kräften soll das Onkologie-Netzwerk Vorarlberg in den kommenden Jahren stetig gestärkt werden. Unter anderem auch durch eine gezielte Intensivierung der Aus- und Weiterbildungsaktivtäten sowie der Forschungsarbeit. Ziel ist es, ein attraktives Studienzentrum zu etablieren. Für Koordinator Thomas Winder hätte dieses eigene onkologische Studienzentrum in Vorarlberg durchaus Vorteile: „Damit hätten wir noch früher Zugang zu modernsten Diagnose- und Therapieverfahren, etablierte Therapien können noch besser kontrolliert und überwacht werden - das gesamte Wissen wäre optimal gebündelt.“
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