Verstärkte Kooperation zwischen Vorarlberger Landeskrankenhäusern und Stadtspital Dornbirn 12.10.2020
Im Zuge des Prozesses „Mein Spital 2030“ sollen die Spitalsstrukturen im Land bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. Land und Stadt Dornbirn als Spitalerhalter unterzeichnen dazu eine Absichtserklärung mit dem Ziel, die vorhandenen Strukturen effizienter und besser aufeinander abzustimmen. „Wir wollen Synergien nutzen, Doppelgleisigkeiten vermindern und finanzielle Spielräume auslösen, um damit neue Maßnahmen für die Patientinnen und Patienten setzen zu können“, betonen die Verantwortlichen.
Das Gesundheitswesen ist insbesondere in den vergangenen Jahrzehnten einem laufenden Veränderungs- und Anpassungsprozess unterworfen. Einerseits geht es darum, die Versorgungsstrukturen bestmöglich an die Entwicklung und Bedürfnisse der Bevölkerung anzupassen, neue innovative Behandlungsmöglichkeiten zum Nutzen der PatientInnen einzusetzen und auch in außerordentlichen Gefährdungssituationen eine stabile und leistungsfähige Infrastruktur sicherzustellen. Wie wichtig letzterer Punkt ist, führt uns die Coronavirus-Pandemie vor Augen. Zudem bleibt es gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig, attraktive Arbeitsplätze zu bieten. Es ist daher eine der wichtigsten politischen Aufgabe, die Gesundheitsversorgung für die Vorarlberger Bevölkerung nicht nur intakt und leistbar zu halten, sondern kontinuierlich zu verbessern.
Gesund bleiben, gesund werden, lebenswert leben
Ein gesunder Mensch geht über das reine körperliche Wohlbefinden hinaus und umfasst auch die psychische und soziale Ebene. Und zu einer umfassenden Gesundheitsversorgung zählt nicht nur das „Gesund werden“, sondern auch „Gesund bleiben“ und “lebenswert mit Einschränkungen leben“ zu können. „Dieser gesamtheitliche Gesundheitsanspruch ist auch die Triebfeder unserer politischen Aktivitäten für eine zukunftsfitte Gesundheitsversorgung, die hinter ‚xsundblieba – Gesundheitsland Vorarlberg‘ stehen“, sagt Landesrätin Rüscher: „Alle Projekte, Investitionen und Maßnahmen im Vorarlberger Gesundheitswesen, die wir planen, sind darauf ausgerichtet“.
Entwicklungsprozess „Mein Spital 2030“
Damit die Versorgungsstruktur erhalten und verbessert werden kann, müssen die Strukturen laufend effizienter und besser aufeinander abgestimmt werden. Das gilt auch für die Spitäler. Aus diesem Grund wurde bereits vor Anfang dieses Jahres der Prozess „Mein Spital 2030“ gestartet. Ein Projektteam aus Vertretern des Landes (Gesundheitsfonds), der Vorarlberger Krankenhäuser (KHBG), des Krankenhauses Dornbirn sowie externen Gesundheitsexperten ist damit beauftragt, die Spitalsstrukturen und Versorgungsprozesse weiterzuentwickeln.
Als Ausgangsbasis für weitere Entscheidungen wurde in den vergangenen Monaten eine umfangreiche mehr als 300 Seiten umfassende Analyse des heimischen Spitalswesens erarbeitet – dies pro Fach und Spitalsstandort.
26 Fachbereiche durchleuchtet
Dabei wurden alle in den Spitälern praktizierenden Fächer (in Summe 26) – von der Augenheilkunde, Chirurgie, Innere Medizin, über Kinder- und Jugendheilkunde und Neurologie bis zur Nuklearmedizinischen stationären Therapie, Orthopädie und die Hospizversorgung analysiert. Untersucht wurden u.a. die stationären und ambulanten Strukturen und deren Leistungen und Leistungsspektrum, die Anzahl der einzelnen Behandlungen pro Fach an den einzelnen Standorten, die Verweildauer und Auslastung der Abteilungen, die Stellenplanung – bis hin zu der Anzahl der PatientInnenbehandlungen in den Ambulanzen nach Tages- und Nachtzeiten. Dabei wurden die Zahlen auch mit den Vorgaben aus dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit verglichen.
Kooperation: Nicht jedes Haus kann und soll alles anbieten, aber jedes Haus braucht Identität
Auf Basis dieser Analyse erfolgt nun die weitere Optimierung der gesamten Spitalsstruktur in Vorarlberg. Zu diesem Zweck wird auch eine Absichtserklärung zwischen dem Land Vorarlberg und der Stadt Dornbirn mit einer Laufzeit bis Mitte 2024 geschlossen mit dem Ziel, für unterschiedliche Bereiche detaillierte Kooperationsverträge abzuschließen. „Dies ist ein Meilenstein, denn die Planung der zukünftigen Vorarlberger Spitalsversorgung erfolgt somit abgestimmt und Hand in Hand“, betont die Landesrätin.
„Moderne Zeiten erfordern neue Wege der medizinischen Versorgung. Dabei steht der Nutzen für die Patientinnen und Patienten im Zentrum unserer Kooperation. In ihrem Interesse bündeln wir gemeinsam unsere Kompetenzen und Ressourcen und heben so die Versorgungsqualität auf allerhöchstes Niveau", erläutert Bürgermeisterin Kaufmann: „Wir Krankenhausträger müssen uns im Wettbewerb behaupten. Das geht nur, wenn wir eng zusammenarbeiten.“
Vorarlberg verfügt über sieben Krankenhäuser: Fünf LKHS (Feldkirch, Rankweil, Hohenems, Bludenz und Bregenz) sowie das Stadtspital Dornbirn und das Krankenhaus der Stiftung Maria Ebene. Das garantiert der Bevölkerung im Notfall eine schnelle Erreichbarkeit in jeder Region.
Die sieben Vorarlberger Krankenhäuser stellen nicht nur die Grundversorgung sicher, sondern führen auch weitere Fachabteilungen. Das Landeskrankenhaus Feldkirch versteht sich als Schwerpunktkrankenhaus. „Allerdings hat sich bereits in der Vergangenheit gezeigt und dies wird auch durch die Zahlen der Analyse ersichtlich, dass es eine Spezialisierung bzw. Bündelung von Fachgebieten braucht“, so die Landesrätin: „Nicht jedes Haus kann und soll alles anbieten, aber jedes Haus braucht Identität“.
Die Gründe dafür sind klar erkennbar: Der Erhalt einer modernen Spitalsinfrastruktur ist sehr kostenintensiv – dies gilt für jedes Krankenhaus unabhängig von der Größe. Zudem sind in die Fallzahlen an Behandlungen und Operationen an den einzelnen Häusern unterschiedlich hoch bzw. auch zu niedrig für eine effiziente Auslastung.
Schwerpunktsetzung und weitere Maßnahmen
Daher sollen sich die einzelnen Häuser neben ihrer Grundversorgung in Zukunft jeweils auf einen oder mehrere Schwerpunkte konzentrieren. Jedes Haus in Vorarlberg soll in Zukunft der Spezialist in einem oder mehreren Fachgebieten sein. Das spart nicht nur Kosten, sondern bringt v.a. Vorteile für eine noch höhere Behandlungsqualität. Denn je höher die Fallzahlen bei den Operationen in einer Abteilung, umso höher auch die Erfahrung und die Kompetenz. Auch die Arbeitsplatzqualität steigt dadurch, da die personelle und technische Ausstattung gesichert ist.
Dies hilft insbesondere bei der Suche nach Ärztinnen und Ärzten und medizinischen Fachkräften, die schwer zu finden sind, führt KHBG-Chef Gerald Fleisch an: „Denn Krankenhäuser mit Schwerpunkten und Spezialisierungen sind für Fachärztinnen und Fachärzte als Arbeits- und Karriereplatz interessanter, da sie sich da auf ihre Fachkompetenz konzentrieren und weiter spezialisieren können. Dieses Wissen kommt v.a. dem/der PatientIn zugute.“
„Die Qualität der Krankenhausversorgung hängt bei vielen Krankheitsbildern nachweislich von Routine und Erfahrung ab“, sagt Helmut Fornetran, Verwaltungsdirektor am Krankenhaus Dornbirn: „Je häufiger ein Operateur einen Eingriff durchführt, umso mehr Erfahrung und Kompetenz besitzt er und kann Leben retten. Die dafür notwendige Spezialisierung von Krankenhäusern ist für die Patientensicherheit mehr als nur sinnvoll und erhöht die Qualität der medizinischen Versorgung“.
Neben der Schwerpunktsetzung werden auch weitere Maßnahmen verfolgt, insbesondere die personelle Ausstattung der Stationen durch eine laufende Verbesserung des Skill- und Grade-Mix sowie organisatorische Abläufe, z.B. die Anzahl von Wiederbestellungen in die Spitalsambulanzen.
Abstimmung mit den verantwortlichen Entscheidungsträgern…
Der Prozess, auf welche Schwerpunkte sich die einzelnen Vorarlberger Krankenhäuser in Zukunft fokussieren werden, wird in enger Abstimmung mit den verantwortlichen Entscheidungsträgern aus Verwaltung, Ärzte und Pflegeschaft in den jeweiligen Krankenhäusern erfolgen. Die Schwerpunktsetzungen sollen in den kommenden Jahren weiterhin zügig und kontinuierlich umgesetzt werden. Die Vorarlberger Bevölkerung wird dabei laufend über die Maßnahmen und die Verbesserungen informiert werden, kündigen Rüscher und Kaufmann an. Eine besondere Rolle wird dabei die Vorarlberger Gesundheitsapp „Xsund“ als Informationskanal einnehmen.
…und zwischen den Abteilungen
Neben den Schwerpunktsetzungen soll es aber auch insgesamt eine intensivere Abstimmung zwischen den Abteilungen in den sieben Krankenhäusern geben. Wie hervorragend das funktionieren kann und den Mehrwert daraus haben alle Beteiligte seit Beginn der Corona-Krise erlebt: Gerade während der ersten Welle wurde gemeinsam die Bettenverfügbarkeit in allen sieben Häusern abgestimmt, Corona-Schwerpunktkrankenhäuser definiert, gemeinsame Behandlungskonzepte besprochen, um den Weiterbetrieb trotz Virus-Pandemie bestmöglich und sicherst weiterzuführen. Dazu kamen die täglichen Abstimmungen über die Entwicklungen in den einzelnen Häusern. Das war eine äußerst positive Erfahrung und hat große schlummernde Potenzial in der engeren Vernetzung gezeigt.
Aus dieser engeren Vernetzung sind bereits weitere erste Erfolge zu verzeichnen: Ein neues Onkologie-Konzept ermöglicht ein standortvernetztes und teamübergreifendes Tumor-Board zur besseren Diagnostik und Behandlung von KrebspatientInnen. Dieser Meilenstein für die KrebspatientInnen wird in wenigen Wochen vorgestellt werden.