Unser Schmetterlings-Organ – die Schilddrüse 23.05.2019
Schilddrüsenerkrankungen sind in Mitteleuropa weit verbreitet. Etwa jeder Dritte hat im Laufe seines Lebens Probleme mit der größten rein Hormon-produzierenden Drüse unseres Körpers. Knoten werden heute meist bei Vorsorgeuntersuchungen entdeckt, doch manchmal kommt es erst zur Diagnose, wenn sich Folgeerscheinungen zeigen.
Ist das schmetterlingsförmige Organ aus dem Lot, können vielfältige Symptome auftreten wie Müdigkeit, mangelnde Konzentration, unerklärliche Gewichtszunahme oder -abnahme. Die eigentliche Ursache bleibt zunächst oft unerkannt, denn nicht immer geht die Erkrankung mit einer sichtbaren oder zumindest tastbaren Vergrößerung der Schilddrüse einher. Werden Veränderungen der Schilddrüse frühzeitig erkannt, können bleibende Schäden meist vermieden werden. „Oft werden Funktionsstörungen der Schilddrüse erst spät entdeckt und sorgen für zahlreiche Beschwerden, dazu gehören Herzrhythmusstörungen, Abgeschlagenheit, Schlafstörungen und Gewichtsprobleme!", erklärt Univ.-Doz. Dr. Alexander Becherer, Primar für Nuklearmedizin am LKH-Feldkirch.
Er verweist auch bei der Schilddrüse auf den Slogan der Nuklearmedizin »Behandlung mit Durchblick«. Dies soll verdeutlichen, dass die Nuklearmedizin das Kernfach schlechthin in der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen der Schilddrüse darstellt.
FAKTEN ÜBERBLICK SCHILDDRÜSE:
- Die Schilddrüse ist eine Hormon-bildende (sog. endokrine) Drüse mit einem Normalgewicht von 10-20 g, die sich am Hals unterhalb des Kehlkopfes zu beiden Seiten der Luftröhre befindet. Beim Menschen hat sie die Form eines Schmetterlings.
- Die Hauptfunktion der Schilddrüse besteht in der Aufnahme von Jod und der Bildung und Speicherung der jodhaltigen Schilddrüsenhormone. Diese spielen eine wichtige Rolle für die frühkindliche geistige und körperliche Entwicklung, den Energiehaushalt, den Fettstoffwechsel, die Funktion des Muskel- und Nervensystems u.v.m.
- Die Mehrzahl der Schilddrüsenerkrankungen entwickelt sich schleichend und bleibt oft lange Zeit unentdeckt. Wenn eine Schilddrüsenerkrankung nicht diagnostiziert wird, kann dies zu ernsthaften Problemen wie Herz- Kreislauf-Erkrankungen, Osteoporose und Unfruchtbarkeit führen.
- Schilddrüsenerkrankungen hat man zwar oft lebenslang, die geeignete medizinische Behandlung lässt aber eine völlig ungestörte Lebensqualität zu und verhindert Folgeerkrankungen.
- Risikofaktoren für eine Schilddrüsenerkrankung sind u.a. weibliches Geschlecht, positive Familienanamnese, Autoimmunerkrankungen wie Typ-I-Diabetes, höheres Alter, zuvor durchgeführte Bestrahlungen im Halsbereich und das Down- bzw. Turner-Syndrom.
- Hyperthyreose ist die Überproduktion von Hormonen durch die Drüse. Typische Symptome sind Gewichtsverlust trotz guten Appetits, Haarausfall, Erhöhung der Herzfrequenz, Zyklusunregelmäßigkeiten, evtl. Versagen der Menstruation, Bluthochdruck, vermehrtes Schwitzen, häufiger Stuhlgang, Nervosität und zitternde Hände.
- Hypothyreose ist die Unterfunktion der Drüse. Einige der Symptome sind Gewichtszunahme, Vergrößerung des Halses, verringerte Herzfrequenz, ausgeprägte Kälteempfindlichkeit, Lethargie, Taubheitsgefühl in den Händen, trockene Haut und Haare, Verstopfung und wiederum Zyklusstörungen bis zum Ausbleiben der Regelblutung.
- Als Kropf bzw. Struma, wie der Kropf im Fachjargon heißt, bezeichnet man jegliche Vergrößerung der Schilddrüse, ob als Knoten oder als Ganzes. Eine Struma kann sowohl bei Über- als auch Unterfunktion der Schilddrüse auftreten, bleibt zumeist aber ohne Funktionsstörung. Die meisten Strumen sind gutartig. Die bösartige Struma, also Schilddrüsenkrebs, ist über alle Arten hinweg gesehen bei frühzeitiger Diagnose und richtiger Behandlung in über 80% heilbar.
FAKTEN ZUR SCHILDDRÜSE IM LANDESKRANKENHAUS FELDKIRCH:
Pro Jahr finden in der Schwerpunktabteilung des LKH Feldkirch rund 4500 Schilddrüsenuntersuchungen statt, davon
20% Erstvorstellungen. Dies entspricht 0,3% der Bevölkerung Vorarlbergs . „ Zudem führen wir jährlich 4000 Ultraschalluntersuchungen, 1500 Schilddrüsenszintigraphien, 500 Schilddrüsenpunktionen. 110 Therapien mit radioaktivem Jod gegen Überfunktion bzw. Schilddrüsenkarzinom durch, zuletzt auch etwa 90 Operationen der Chirurgie in Zusammenarbeit mit der Nuklearmedizin und anderen Disziplinen, davon 18% Schilddrüsenkarzinome“, informiert Dr. Becherer. „Dieser im österreichweiten Schnitt sehr hohe Anteil an Karzinomen zeigt, dass in Vorarlberg durch eine intensive Zusammenarbeit zwischen Chirurgie, Pathologie und Nuklearmedizin nicht leichtfertig operiert, sondern jede Indikation genau überprüft wird.“ Die Anzahl an Operationen sinkt in den letzten Jahren daher kontinuierlich, während die Anzahl an Karzinomen etwa gleich bleibt.
Nuklearmedizin: Behandlung mit Durchblick
Unter Nuklearmedizin versteht man den Einsatz von radioaktiven Arzneimitteln für Diagnostik, Therapie und medizinische Forschung. Der Begriff Diagnostik umfasst die medizinische Bildgebung und bildfreie Verfahren wie beispielsweise Bluttests. Durch die Möglichkeit, Zielstrukturen an Tumorzellen treffsicher darzustellen und zu behandeln, werden nuklearmedizinische Verfahren im Kontext der Personalisierten Medizin zunehmend bei Tumorerkrankungen zur Erkennung und Behandlung („Theragnostik“) eingesetzt. Die österreichische Gesellschaft für Nuklearmedizin und Molekulare Bildgebung (OGNMB) ist die von der Österreichischen Ärztekammer für das Sonder fach Nuklearmedizin akkreditierte Fachgesellschaft. Sie fördert Wissenschaft, Ausbildung und sichere Praxis auf dem Gebiet der Nuklearmedizin.
Interessierten Personen können einen Info-Flyer, für dessen Inhalt die OGNMB verantwortlich zeichnet, unter http://www.ogn.at/news-links/ downloaden.