Grüne Anästhesie am LKH Feldkirch: ausgezeichnet mit dem Best Practice Award 11.11.2024
Für ihre klimafreundliche Narkose sowie das vorbildliche Abfallmanagement hat die Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin des LKH Feldkirch Ende Oktober im Bundesgesundheitsministerium in Wien einen Preis des Best Practice Award „Klimafreundliche Gesundheitseinrichtungen“ durch Bundesgesundheitsminister Johannes Rauch entgegengenommen. Die nachhaltige Neuausrichtung initiierte DGKP Sarah Bertsch mit ihrer Abschlussarbeit „Die klimafreundliche NarCO2se“ im Rahmen ihres Zusatzdiploms Anästhesiepflege. Das Team zog engagiert mit und so konnte die Abteilung zügig auf klimafreundliche Alternativen umstellen. Weltweit ist die Anästhesie am LKH Feldkirch übrigens die erste Abteilung, die recyceltes Sevofluran (Narkosegas) verwendet.
Die Auswirkungen der Klimakrise stellen eine zunehmende Belastung für das individuelle Wohlbefinden, aber auch für das Gesundheitssystem dar. Dabei ist der Gesundheitssektor selbst für rund sieben Prozent der Treibhausgasemissionen in Österreich verantwortlich, die Krankenhäuser selbst für ein Drittel dieser Emissionen (Quelle: „Strategie klimaneutrales Gesundheitswesen“ der Gesundheit Österreich GmbH, Juli 2024). Der Flugverkehr im Vergleich trägt „nur“ zu rund drei Prozent bei. Innerhalb der Krankenhäuser sind vor allem energieintensive Operationsbereiche hauptverantwortliche Treibhausgasemittenten und dort auch Narkosegase, die auf Fluor(chlor)kohlenwasserstoffen (FKW, FCKW) basieren. So gilt das globale Erderwärmungspotenzial des FCKW Isofluran etwa als 510-mal so hoch wie das von Kohlendioxid. Die gängigsten inhalativen Anästhetika sind neben Isofluran die beiden FKW Desfluran und Sevofluran. Desfluran wirkt 2540-mal klimaschädlicher als CO2, Sevofluran noch immerhin 130-mal so schädlich.
Umweltfreundlichere Narkose-Alternativen
„Dass wir uns zu einer nachhaltigeren Anästhesie-Abteilung entwickelt und den Best Practice Award erhalten haben, verdanken wir engagierten Mitarbeitenden, die eigene Ideen einbringen, aber auch dem Team insgesamt, das die Veränderungen mitträgt“, freut sich Primar Doz. Dr. Reinhard Germann, Leiter der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin am LKH Feldkirch. Initiatorin für die Neuausrichtung war DGKP Sarah Bertsch: Kurz nachdem sie ihre Abschlussarbeit über klimafreundliche Narkosealternativen im Jahr 2021 im Rahmen einer Fortbildung vorgestellt hatte, verzichtete die Abteilung auf das Narkosegas Desfluran. Gute Alternativen bieten intravenöse Anästhesien oder die Verwendung des weniger umweltschädlichen Narkosegases Sevofluran. Weitere Einsparungen ergeben sich durch den Einsatz von Aktivkohlefiltern, die das abgeatmete Narkosegas binden, sodass es anschließend recycelt werden kann. „Wir sind weltweit die erste Anästhesie-Abteilung, die recyceltes Sevofluran verwendet“, bemerkt DGKP Lucas Kuster, Akadem. Experte, stolz, während Primar Germann versichert: „Auf das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten haben die alternativen Anästhesieverfahren keinerlei Einfluss.“
Weniger Gasverbrauch durch neue Techniken
Neben der Umstellung auf ein weniger umweltschädliches Narkosegas spart die Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin am LKH Feldkirch auch durch die sogenannten Niedrigflussnarkosen (Metabolic-Flow). „Diese Technik gewährleistet den geringstmöglichen Narkose-Gasverbrauch, ohne dass sich etwas für unsere Patientinnen und Patienten ändert. Wir haben uns die Methode in interdisziplinären Schulungen über mehrere Monate hinweg angeeignet“, sagt DGKP Lucas Kuster, Akademischer Experte, und Dr. Alexander Stern ergänzt. „Außerdem wurde der Gasverbrauch in unserem Narkoseüberwachungsprogramm sichtbar gemacht und so das Bewusstsein und auch den Sportsgeist im Team geweckt.“ Insgesamt konnte der durch inhalative Anästhetika verursachte CO2 Abdruck in der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin am LKH Feldkirch seit Mitte des Jahres 2021 bis heute um 96 Prozent gesenkt werden. Der Einsatz der innovativen Filtersysteme ermöglicht zudem den Verzicht auf eine energieintensive Narkosegasabsaugung und sorgt damit für eine Stromersparnis von jährlich 3000 -5000 kWh in jedem OP-Saal, also rund 120.000 kWh für alle 28 Anästhesie-Arbeitsplätze im LKH Feldkirch. Das entspricht in etwa dem jährlichen Stromverbrauch von 28 Einfamilienhaushalten.
Konsequente Abfallvermeidung und Mülltrennung
Das Team der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin am LKH Feldkirch achtet außerdem konsequent auf Abfallvermeidung und Mülltrennung. „Nur tatsächlich kontaminierte Produkte wandern nach wie vor in den Restmüll. Wir verwenden außerdem Akkus statt Batterien in den Schmerzpumpen, wählen wo möglich verpackungsärmere Medikamente“, erklärt DGKP Sarah Bertsch, die sich derzeit zur Nachhaltigkeitsmanagerin bei der Gesundheit Österreich GmbH weiterbildet. „Auf diese Weise konnten wir den medizinischen Sondermüll auf die Hälfte reduzieren.“
Nachhaltigkeit im Fokus der KHBG
Auch in vielen anderen Bereichen der Vorarlberger Landeskrankenhäuser gibt es zahlreiche kleine und größere Projekte in Sachen Umweltschutz. „Nachhaltigkeit ist eins der Kernthemen der nächsten Jahre“, unterstreicht Direktor Dr. Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft. „Unser Ziel ist es, gemeinsame Nachhaltigkeitsziele klarer zu definieren und den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen und Häusern zu fördern, sodass wir noch umweltfreundlicher zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten arbeiten können.“ Der erste Nachhaltigkeitsbericht der Vorarlberger Landeskrankenhäuser, basierend auf der EU-Richtlinie „Corporate Sustainability Reporting Directive“, ist bereits in Arbeit: Das abteilungsübergreifende Projektteam bindet alle Landeskrankenhäuser ein, um Daten zu erheben, Verbesserungspotenziale zu evaluieren, Strategien und Ziele zu formulieren und diese nachhaltig in die Unternehmenskultur zu implementieren.
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