Genitalrekonstruktion: Neue Möglichkeit der Plastischen Chirurgie am LKH Feldkirch 17.12.2019
Das Peniskarzinom ist ein seltener bösartiger Tumor, bei dem eine Amputation des männlichen Gliedes notwendig sein kann. Der Leidensdruck der Betroffenen ist sehr hoch. Einem Patienten am LKH Feldkirch konnte nun durch eine Eigengewebstransplantation erfolgreich geholfen werden. Dieser Eingriff wurde erstmalig in Vorarlberg durchgeführt. „Das Modellieren eines neuen Gliedes stellt eine große Herausforderung an die Plastische Chirurgie dar, weil die ästhetischen als auch die funktionellen Anforderungen an den Penis sehr hoch sind. Wir freuen uns, dass es uns so gut gelungen ist, dem Patienten zu helfen“, so Prim. Priv.-Doz. Dr. Gabriel Djedovic, Leiter der Abteilung Plastische Chirurgie am Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch.
Der Verlust des Penis, etwa nach Tumorerkrankungen, ist ein schwer traumatisierendes Lebensereignis für Männer. Mit plastisch-chirurgischen Operationsverfahren gelingt es heute in vielen Fällen, aus körpereigenem Gewebe ein Penoid (= Penis-ähnlichen, funktionsfähigen Ersatz) zu rekonstruieren. In Europa erkranken weniger als 1 % der Männer an Peniskrebs. Vorhautverengung, Infektion mit HPV-Virus und Rauchen zählen zu Risikofaktoren. Verdächtige klinische Zeichen sind juckende, nässende, verhärtete Hautveränderungen.
Erschwerte Blasenentleerung
Der 58jährige Patient, der an einem bösartigen Peniskarzinom erkrankt war, musste sich im April dieses Jahres einer Operation am äußeren männlichen Geschlechtsorgan unterziehen. Dabei wurden drei Viertel des Gliedes entfernt. Im Anschluss an die lebensnotwendige Operation konnte der Patient nur mittels einer Urinierhilfe Wasser lassen. Dieser Zustand schränkte die Lebensqualität stark ein, der Leidensdruck führte in Folge zu Depressionen. Dank der Expertise in Tumor-, Mikro- und der rekonstruktiven Chirurgie von Prim. Priv.-Doz. Dr. Djedovic und der Möglichkeiten im Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch konnte dem Mann mittels einer mikrochirurgischen Rekonstruktion erfolgreich geholfen werden.
Erfolgreiche Genitalrekonstruktion aus Eigengewebe
Chirurgische Rekonstruktionen des männlichen Gliedes sind auf Grund der komplexen kosmetischen und funktionalen Anforderungen (Blasenentleerung, Sexualfunktion) eine große Herausforderung. Zur Vorbereitung auf den plastisch-chirurgischen Eingriff wurden dem Patienten die Haare am Unterarm mithilfe einer Laserbehandlung entfernt. Während der achtstündigen Operation konnte dann aus der Haut des Unterarmes ein Penis geformt werden. Arterien und Venen vom Unterarm wurden ebenso wie Hautnerven transplantiert, um die Durchblutung des verpflanzten Hautareals zu gewährleisten und die Sensibilität zu erhalten.
Komplexe Harnröhre
„Zusätzlich zum Modellieren des männlichen Gliedes musste die Rekonstruktion der elastischen Harnröhre erfolgen. Erfreulicherweise war in der Tiefe noch so viel Harnröhre vorhanden, dass sie beim mikrochirurgischen Wiederherstellungseingriff durch ihre hohe Elastizität ausreichend gedehnt und mobilisiert werden konnte, sodass nur der umgebende Penisschaft hergestellt werden musste“, so Prim. Djedovic. So wurde ohne die komplikationsträchtige Harnröhrenrekonstruktion die volle Funktionalität beim Wasser lassen erreicht. Durch den gelungenen Eingriff, der einen zweiwöchigen Spitalsaufenthalt erforderte, konnte dem Patienten zu neuem Lebensmut und einer angenehmen Lebensqualität verholfen werden: Er kann unbeschwert – im Sitzen und im Stehen - urinieren. Die Sexualität kann auf Wunsch des Patienten mithilfe einer Penispumpe ausgelebt werden.
Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch: alles unter einem Dach
„Derartige diffizile Eingriffe sind nur mit einem gut eingespielten Team und bei fundiertem interdisziplinärem Austausch möglich! Die Zusammenarbeit mit Prim. Univ. Doz. Dr. Hobisch, Leiter der Abteilung Urologie im LKH Feldkirch, war vorbildlich und führte zu diesem positiven Ergebnis“, betonte Prim. Djedovic. Es ist ein gutes Signal, einen so anspruchsvollen Eingriff von nun an in Vorarlberg durchführen zu können.
Zahlen und Fakten Schwerpunktabteilung Plastische Chirurgie, LKH Feldkirch
- Gegründet 1988 (6 Betten)
- Leitung: Prim. Priv.-Doz. Dr. Gabriel Djedovic
- 6 Fachärzte
- 2 Assistenzärzte
- 16 Betten
- 1 Koje für Brandopfer
- 5.824 Erst-und Kontrolluntersuchungen
- stationäre Aufnahmen 983/Jahr 2018
- Eingriffe Jahr 2018: 1.509
* 10 % der Eingriffe: Ästhetischen Chirurgie
* 10 % der Behandlungen: Verbrennungsopfer
* > 50 % der Operationen: Tumor- sowie die Wiederherstellungschirurgie
* 20 % der Eingriffe: Mikrochirurgische Operationen
Statements
„Der Abteilung für Plastische Chirurgie am LKH Feldkirch kommt als Vorarlbergs Schwerpunktabteilung eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe zu. Als Leiter dieser Abteilung freue ich mich gemeinsam mit dem kompetenten Team, Schwerpunkte in der mikrochirurgischen Rekonstruktion setzen zu können. Dies ist nur durch eine hervorragende interdisziplinäre Zusammenarbeit - in diesem Fall mit der Abteilung für Urologie im LKH Feldkirch unter der Leitung von Prim. Univ. Doz. Dr. Alfred Hobisch - möglich.“
Prim. Priv.-Doz. Dr. Djedovic, Leiter der Abteilung Plastische Chirurgie am Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch
„Dieses erfreuliche Operationsergebnis ist auf die gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zurückzuführen. Ich freue mich, dass Genitalrekonstruktionen im Landeskrankenhaus Feldkirch ab sofort in dieser Kooperation angeboten werden können.“
Prim. Univ. Doz. Dr. Alfred Hobisch
„Ich bin froh und dankbar, dass die Operation professionell und wohnortnah durchgeführt werden konnte. Dank des gelungenen Eingriffes kann ich beschwerdefrei leben und die wiedergewonnene Lebensqualität genießen.“
Patient
Prim. Priv.-Doz. Dr. Gabriel Djedovic
- Geb. 1980, Vöcklabruck, Oberösterreich
Ausbildung und berufliche Laufbahn:
- 1999 Matura am Bundesgymnasium Vöcklabruck
- 1999 Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck (2006: Promotion)
- 2006-2008: Assistenzarzt Klinisch-Funktionelle Anatomie Innsbruck
- 2008-2009: Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Urologie, Innsbruck
- 2009-2013: Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie
Innsbruck (Gegenfächer: Innere Medizin, Orthopädie, Unfallchirurgie und Traumatologie) - 2013 FA-Prüfung
- 2014 Assistenzart am AGAPLESION Markus Krankenhaus Frankfurt am Main
- 2015-2017: Oberarzt an der Universitätsklinik in Innsbruck
- 2017-2018: Leitender Oberarzt an der Klinik für Plastische und Handchirurgie, Ästhetische und Rekonstruktive
Chirurgie, HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal - 2018-2019: Leitender Oberarzt an der Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, AGAPLESION Markuskrankenhaus Frankfurt am Main
- 2019: Habilitation an der Medizinischen Universität Innsbruck
Umfassende Lehrtätigkeiten 2006-2017
- an Medizinischen Universitäten inkl. Betreuung von Diplomarbeiten
- in der Pflegeausbildung Bozen/Innsbruck
Mitgliedschaften
- Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC)
- Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie der peripheren Gefäße und Nerven (DAM)
- Österr. Gesellschaft für Chirurgie (ÖGC)
- Interplast Germany e.V.
Veröffentlichungen
- Autor und Koautor von derzeit 56 Veröffentlichungen und 9 Buchbeiträgen