Durig-Böhler-Gedächtnispreis: Gebührende Anerkennung für medizinische Forschung 27.11.2018
Um der medizinischen Forschung aus und in Vorarlberg die entsprechende Anerkennung zukommen zu lassen, verleiht die Gesellschaft der Ärzte in Vorarlberg jedes Jahr den Durig-Böhler-Gedächtnispreis. Voraussetzung ist die Publikation der Forschungsarbeit in einer international anerkannten Fachzeitschrift. Für 2018 gab es 5 namhafte Einreichungen. Der Preis erging an OA Doz. Dr. Emanuel Zitt, Innere Medizin III (Nephrologie) LKH Feldkirch für eine Studie zu Risikofaktoren bei Nierenerkrankungen. Dr. Johannes Cip von der Abteilung für Orthopädie am LKH Feldkirch erhielt den Anerkennungspreis für eine Vergleichsstudie zur Implantationsgenauigkeit von Knieprothesen. Nach gebührenden Laudationes überreichte OA Doz. Dr. Michael Osti, GÄV-Präsident, die Preise in feierlichem Rahmen.
Am 20. November 2018 fand die mittlerweile 38. Verleihung des Durig-Böhler-Gedächtnispreises in feierlichem Rahmen im Panoramasaal des LKH Feldkirch statt. Prämiert wurde die beste international publizierte Forschungsarbeit aus Vorarlberg aus insgesamt 5 Einreichungen. Damit setzt die Gesellschaft der Ärzte in Vorarlberg (GÄV) ihre jahrzehntelange Tradition der Anerkennung und Förderung von Ausbildung, Wissenschaft, Forschung und damit Fortschritt fort.
Vorarlberger Langzeitstudie über Dialyse- und Sterberisiko von Stoffwechsel-Risikofaktoren und Blutdruck
Der aktuelle Durig-Böhler-Preis erging an OA Doz. Dr. Emanuel Zitt und sein Forschungsteam, Innere Medizin III (Nephrologie und Dialyse) vom Landeskrankenhaus Feldkirch in Kooperation mit dem aks. Bei der Forschungsarbeit handelt es sich um eine Langzeitstudie, in welcher das Team untersuchte, welchen Einfluss verschiedene Risikofaktoren (Adipositas, Rauchen, Diabetes, Hypertonie, Hypercholesterinämie, Hypertrigylceridämie, erhöhte Leberwerte) auf das relative Risiko haben, dialysepflichtig zu werden oder zuvor zu versterben. „In der Allgemeinbevölkerung sind verschiedene Risikofaktoren für die Entwicklung einer Nierenerkrankung bis hin zu ihrer schwerwiegendsten Ausprägung, dem dialysepflichtigen Nierenversagen, bekannt. Diese Risiken sind sowohl international als auch regional für die Vorarlberger Bevölkerung beschrieben. Wir haben untersucht, welchen Einfluss die Risikofaktoren haben, wenn auch das konkurrierende Ereignis ‚Tod vor Erreichen des Nierenversagens‘ in der Risikoanalyse berücksichtigt wird“, erklärt der Preisträger Dr. Zitt. Für diese Fragestellung analysierten Dr. Zitt und sein Team anonymisierte aks-Daten von Gesundenuntersuchungen bei insgesamt 177.255 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, sowie Daten des Österreichischen Dialyse- und Transplantationsregisters und des Österreichischen Sterberegisters im Zeitraum von 1988 bis 2009. Über einen mittleren Beobachtungszeitraum von 16 Jahren sind 358 Patienten dialysepflichtig geworden, 19.512 Teilnehmer verstarben. Dabei zeigte sich, dass für Betroffene bei vorhandenen Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck etc., das relative Risiko höher ist, ein dialysepflichtiges Nierenversagen zu erleiden als vorher zu versterben. Abhängig von vorbestehenden Begleiterkrankungen variierten diese Faktoren in ihrer Risikosteigerung für Dialysepflichtigkeit bzw. Tod. Diese Ergebnisse können dazu dienen, Studien zur Beeinflussung von Risikofaktoren, die zur Nierenversagen führen, besser zu planen und Aufklärungs- und Präventionsprogramme für Nierenerkrankungen in der Allgemeinbevölkerung zu verbessern, um letztlich die gesundheitlichen und sozioökonomischen Lasten einer Dialysepflichtigkeit zu verringern.
Vergleichsstudie über unterschiedliche Implantationstechnik bei Knieprothesen
Orthopäde Dr. Johannes Cip vom Landeskrankenhaus Feldkirch hat gemeinsam mit seinem Forschungsteam eine wissenschaftliche Arbeit im international renommierten Journal of Arthroplasty publiziert. Dabei wurden Nachuntersuchungsdaten von Patienten, die vor mehr als 10 Jahren eine Knieprothese erhalten hatten und bei welchen unterschiedliche Implantationsmethoden (konventionell vs. navigiert) angewandt worden waren analysiert und verglichen. Zur Studiengrundlage erklärt Dr. Cip: „Um eine Verbesserung der Implantationsgenauigkeit einer Knietotalendoprothese zu erreichen, wurde die computer-assistierte Navigationstechnik für die Endoprothetik entwickelt. Damit erhoffte man sich verbesserte klinische Ergebnisse sowie eine erhöhte Prothesenstandzeit nach mehr als 10 Jahren postoperativ. Bislang waren allerdings kaum Studien vorhanden, die langfristige Nachuntersuchungsdaten veröffentlicht haben.“
In seiner randomisierten prospektiven Vergleichsstudie wurden daher 100 Patienten mit einer konventionellen Knietotalendoprothese gegenüber 100 Patienten mit einer navigierten Knietotalendoprothese verglichen. Der durchschnittliche Nachuntersuchungszeitraum betrug 12 Jahre in beiden Gruppen. Die Daten dieser Studie zeigten, dass keine Unterschiede bezüglich klinischer und radiologischer Ergebnisse zwischen beiden Gruppen gefunden werden konnten. Die Implantationsgenauigkeit war in beiden Gruppen vergleichbar. Die Navigationstechnik konnte auch keinen positiven Einfluss auf die Langzeitüberlebensrate der Prothese zeigen. Ebenso konnten keine Unterschiede in Bezug auf die Ergebnisse verschiedener klinischer Fragebogenuntersuchungen erhoben werden. Aufgrund dieser Erkenntnisse und der Limitationen der Navigationstechnik (u.a. erhöhte Anschaffungskosten, zusätzliche Lernkurve, verlängerte OP-Zeit) wird dieses Verfahren nur noch für spezielle Fälle angewandt und nicht als Standardverfahren für die Knietotalendoprothetik verwendet.
Durig-Böhler-Preis: neue Ansätze und Wissenszuwachs durch Perspektivenwechsel
Im Rahmen ihrer Veranstaltungen steht die Gesellschaft der Ärzte in Vorarlberg auch für die Thematisierung interdisziplinärer und berufsgruppenübergreifender Querschnittsmaterien. So sprach der diesjährige Festredner, Univ. Prof. Dr. Johannes Steyrer von der Wirtschaftsuniversität Wien in seinem Referat nicht originär medizinischen Krenkompetenzen an, sondern beleuchtete informativ und doch kurzweilig die komplexen, hochrelevanten und unglaublich spannenden Zusammenhänge der Verhaltensökonomik, die den Menschen auch als irrationalen, manipulierbaren und reziproken Denker und Akteur entlarven. Damit lieferte Steyrer erstaunlich greifbare Tools, welche die kommunikativen Fähigkeiten verbessern können und die Besonderheiten zwischenmenschlicher Interaktion verständlicher machen. „Der GÄV ist es wichtig, neue Ideen und Zugänge - wie etwa durch den Festvortrag von Prof. Steyrer - zu verbreiten. Damit soll die Veranstaltung der Preisverleihung und der Durig-Böhler-Preis selbst vor allem auch für junge Ärztinnen und Ärzte und für nicht medizinische Berufsgruppen interessant werden“, informiert Doz. Osti über seine Neuerungen als GÄV-Präsident. Und der Erfolg gibt ihm recht: Über 120 Teilnehmer nutzten am 20. November im Rahmen der Preisverleihung die besondere Gelegenheit, ein starkes und sichtbares Signal für ärztlichen Zusammenhalt und Zusammenarbeit zu setzen, ihre Gemeinschaft weiter zu konsolidieren und damit fortzufahren, ihre jeweiligen Leistungen gegenseitig anzuerkennen und zu würdigen.