Stellungnahme aus den Landeskrankenhäusern: Covid-Schutzimpfung und Impfpflicht 11.02.2022
Die kürzlich erlassene Verordnung zum Impfpflichtgesetz mit den darin geregelten Ausnahmen für Krebspatient:innen sowie Rheuma-, Nieren- und Transplantations-Patient:innen sorgt für großes Unverständnis bei den betreuenden Ärzt:innen. Ebenso groß ist die Verunsicherung bei den betroffenen Patient:innen. Die Ausnahmegründe von der Impfpflicht für diese vulnerablen Gruppen sind weder aus ärztlicher noch aus wissenschaftlicher Sicht nachvollziehbar und widersprechen gängigen Empfehlungen. Fachgesellschaften und die zuständigen Primarärzte an den Vorarlberger Landeskrankenhäusern raten daher weiterhin zur Impfung. Fest steht auch: Die Spitäler sind keine Anlaufstelle für Impfbefreiungen. Diese werden dort nur in wirklich begründeten Ausnahmefällen ausgestellt.
Die Reaktionen aus den Fachgesellschaften auf die neue Verordnung zum Impfpflichtgesetz fallen deutlich aus. Die Österreichische Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (OeGHO) rät ungeachtet dieser Ausnahmen weiterhin allen Krebspatient:innen, die Impfung gegen Covid-19 zu ihrem eigenen Schutz vorzunehmen. Das im Januar 2021 dazu ausgearbeitete Positionspapier sei weiterhin gültig. Darin heißt es unter anderem, die Schutzimpfung soll Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko, einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf und mit erhöhtem Sterberisiko sowie deren engen Kontaktpersonen angeboten werden. Dazu gehören natürlich auch onkologische Patient:innen, unter anderem mit bösartigen Erkrankungen des Blutes, mit fortgeschrittenen soliden Tumoren oder wenn sie sich in systemischer Krebstherapie befinden.
Impfung gerade für Krebspatient:innen wichtig
Der Schutz einer Covid-19-Impfung könne zwar bei einer kleinen Gruppe von immunsupprimierten Patient:innen geringer sein, konkrete Daten dazu lägen allerdings nicht vor – ebenso wenig wie zu einer schädlichen Wirkung der Impfstoffe. „Angesichts des erhöhten Risikos eines schwerwiegenden Verlaufes und der erhöhten, Covid-19-assoziierten Sterblichkeit von Krebspatient:innen empfehlen wir die Schutzimpfung weiterhin vor, während und nach einer Chemotherapie, einer gezielten Therapie und/oder einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren“, so die OeGHO.
Der Schutz einer Covid-19-Impfung könne zwar bei einer kleinen Gruppe von immunsupprimierten Patient:innen geringer sein, konkrete Daten dazu lägen allerdings nicht vor – ebenso wenig wie zu einer schädlichen Wirkung der Impfstoffe. „Angesichts des erhöhten Risikos eines schwerwiegenden Verlaufes und der erhöhten, Covid-19-assoziierten Sterblichkeit von Krebspatient:innen empfehlen wir die Schutzimpfung weiterhin vor, während und nach einer Chemotherapie, einer gezielten Therapie und/oder einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren“, so die OeGHO.
Primar Priv.-Doz. Thomas Winder, PhD, Leiter der Innere Medizin II im Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch/LKH Rankweil schließt sich dieser Meinung vollinhaltlich an. Der onkologische Koordinator für Vorarlberg hält nochmals ausdrücklich fest, dass weder eine Krebserkrankung noch eine Krebstherapie gegen eine Schutzimpfung sprechen würden. „Das Gegenteil ist der Fall: Patient:innen mit erhöhtem Risiko eines schwerwiegenden Verlaufes und deren Umfeld müssen bestmöglich geschützt werden. Der effizienteste Schutz ist derzeit die Impfung - unabhängig vom Zeitpunkt und der Art der medikamentösen Krebstherapie oder einer Strahlentherapie“, so Primar Winder. Weiters betont er: „Die Empfehlung zur Impfung liegt klar vor. Sollten Sorgen und Ängste bestehen, können diese im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit den behandelnden Onkolog:innen besprochen werden. Eine pauschale Impfbefreiung für Krebspatient:innen - wie sie derzeit vorgesehen ist - steht jedoch in klarem Gegensatz zum aktuellen Stand des Wissens und ist deshalb abzulehnen.“
Weitere Fachgesellschaften schlagen Alarm
Scharfe Töne kommen unterdessen von der österreichischen Gesellschaft für Nephrologie, der österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und der Austrotransplant Gesellschaft. In einer gemeinsamen Presseaussendung heißt es wörtlich, die Impfpflicht-Verordnung widerspreche gängigen Empfehlungen für Patient:innen: „Seit über einem Jahr weisen wir – so wie alle medizinischen Fachgesellschaften – eindringlich auf die absolute Notwendigkeit und Wichtigkeit der Impfung gegen Covid-19 für unsere Patient:innen hin. Aus verlässlichen Studien wissen wir, dass das Risiko für einen schweren Verlauf für unsere Patient:innen, wenn sie ungeimpft sind, deutlich höher ist als für andere Personen. Wir wissen mittlerweile aus sehr guten Studien – manche davon wurden in Österreich durchgeführt –, dass Patient:innen unter einer immunsuppressiven Therapie größtenteils eine ausreichende Immunantwort entwickeln.“
„Vorteile einer Impfung überwiegen Risiko nicht ausreichender Impfantwort bei Weitem“
Prim. Prof. Dr. Karl Lhotta, Leiter der Abteilung Innere Medizin III (Nephrologie und Dialyse) am Akademischen Lehrkrankenhaus Feldkirch, ergänzt: „Selbst wenn die Impfantwort deutlich herabgesetzt ist, schadet die Impfung nicht. Im Gegenteil: Deren Vorteile überwiegen das Risiko einer eventuell nicht ausreichenden Impfantwort bei immunsupprimierten Patient:innen bei Weitem. Unsere eigenen Untersuchungen zeigen, dass fast alle Nierentransplantierten nach drei Impfungen eine ausreichende Immunantwort entwickeln. Andernfalls raten wir zu einer vierten Impfung. Die absolut schlechteste Entscheidung ist, sich nicht impfen zu lassen. Seit wir die Impfung haben, sehen wir kaum noch schwere Covid-19 Erkrankungen bei unseren Patient:innen. Die dringliche Empfehlung gilt nach wie vor, dass sich Patient:innen mit entzündlich rheumatischen oder nephrologischen Erkrankungen und auch vor und nach einer Transplantation zu ihrem eigenen Schutz unbedingt gegen Covid-19 impfen und auch boostern lassen sollen.“
Krankenhäuser keine Anlaufstelle für Impfbefreiungen
Bereits kurz nach der Veröffentlichung der Verordnung zum Impfpflichtgesetz langten viele Anfragen in den Ambulanzen ein. Aus den Spitälern gibt es dazu eine klare Botschaft, wie Direktor Dr. Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft informiert: „Die Krankenhäuser sind grundsätzlich keine Anlaufstelle für Impfbefreiungen, sondern nur in wirklich begründbaren Ausnahmefällen.“ Konkret würden Impfpflichtbefreiungen ausschließlich für Patient:innen ausgestellt, die wegen einer die Befreiung rechtfertigenden Erkrankung oder Therapie in ständiger oder aktuell wiederkehrender Behandlung in der jeweiligen Fachabteilung stehen.
Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft Hämatologie & Medizinische Onkologie:
Stellungnahme Österreichische Gesellschaft für Nephrologie: