Die ärztliche Tätigkeit auf der Palliativstation umfasst ein breites Spektrum, das sich von einer fundierten medizinischen Basis bis hin zu einer einfühlsamen Gesprächsführung spannt.

An erster Stelle steht sicherlich eine möglichst optimale Symptomkontrolle, d.h. zum Beispiel Einstellung von Schmerzen, Linderung von Atemnot, Übelkeit und Erbrechen, Behandlung von Unruhe und Angstzuständen. Das Spektrum der angewandten Therapien reicht dabei von medikamentösen Behandlungsmaßnahmen bis hin zu Punktionen, Schmerzpumpen etc., wobei immer die bestmögliche Lebensqualität der Patient:innen im Mittelpunkt steht.
Eine wichtige ärztliche Aufgabe ist es auch, trotz schwerer Krankheit Hoffnung zu vermitteln: die Hoffnung auf eine Entlassung nach Hause, die Hoffnung auf Schmerzlinderung oder die Hoffnung auf Geborgenheit und Begleitung in dieser schwierigen Lebenssituation.

In ausführlichen Gesprächen mit den Patient:innen wird versucht, zu eruieren, welche Therapieziele ein Mensch hat, welche Erwartungen und auch Ängste. So kann die Behandlung dem individuellen Patient:innenwunsch angepasst werden und wichtige Entscheidungen können gemeinsam mit den Betroffenen und deren Angehörigen getroffen werden.

Ein Ziel der Pflege ist es, den Betroffenen ein Gefühl für körperliches und dadurch seelisches Wohlbefinden zu ermöglichen. Dafür benötigen die betroffenen Menschen eine wahrnehmungssensible und bedürfnisorientierte Pflege.

Um der sensiblen Aufgabe der Pflege gerecht zu werden, die Patient:innen mit Zu- und Angehörigen ganzheitlich sehen zu können, bedarf es einer engen multiprofessionellen Zusammenarbeit. Im Bemühen um eine umfassende Palliativversorgung ist die gelungene Kommunikation im Austausch der unterschiedlichen Berufsgruppen ein wesentliches Werkzeug.

Musik bietet Kontaktmöglichkeit und Ausdruck jenseits des Wortes. In der Musiktherapie wird Musik gezielt eingesetzt, um auf körperlicher, seelischer, sozialer und/oder spiritueller Ebene Erleichterung zu schaffen und Trost zu spenden.
Die Präsenz und Resonanz der Musiktherapeut:innen in einem sicheren Rahmen können im Sinne des lateinischen „pallium“ (Mantel, Decke) atmosphärisch einhüllen und so den Patient:innen Schutz und Linderung bringen. Krankheit und Schmerz können in den Hintergrund treten.

Beim Fürspiel beispielsweise improvisiert der/die Therapeut:in und versucht, die Stimmung der Patient:innen bzw. die Atmosphäre im Raum in Klänge, Melodien und Rhythmen zu übersetzen. Diese fein abgestimmte individuelle Musik kann tiefe Ergriffenheit, ein Gefühl des Verstandenseins und Entspannung auslösen. Das gemeinsame Hören oder Singen von selbst gewählter Musik kann stark aktivieren, Erinnerungen wachrufen, Verbundenheit, Lebendigkeit, Selbstwirksamkeit und Freude erfahrbar machen.

Luzia Ehrne
Magdalena Fingerlos

Physiotherapie auf der Palliativstation ist für manche Menschen immer noch ein Widerspruch in sich. Wir Physiotherapeut:innen haben es uns zur Aufgabe gemacht, das Leben trotz schwerer Krankheit lebenswert zu machen. Viele Symptome wie zum Beispiel Schmerzen, Kurzatmigkeit, Müdigkeit, Ödeme oder Angst können durch zeitgerechte, effektive Physiotherapie gelindert werden. Dadurch gelingt es vielen Patient:innen, ihre Mobilität zu verbessern.

Für Patient:innen, die eigenständig mobil sind oder eine gute Rumpfkontrolle haben und somit in einem Rollstuhl sitzen können, haben wir jeden Dienstag und Donnerstag einen Bewegungstreff initiiert. Patient:innen können sich dort untereinander kennenlernen, Spaß haben und für kurze Zeit ihre Krankheit vergessen. Durch das Zusammensein und das gemeinsame Üben sind die Patienten öfters von sich selber und ihrem Können überrascht.
Durch die einfühlsame und enge Zusammenarbeit zwischen Patient:in und Physiotherapeutenteam kann ein gutes Verhältnis von Vertrauen und Respekt aufgebaut werden. Die Patient:innen fühlt sich sicherer und können ihre Gefühle und Ängste mitteilen. Zusammen entscheiden wir dann, welche physiotherapeutischen Maßnahmen die richtigen sind.

"Wenn da sein darf, was da ist, verwandelt es sich."
(Richard Stiegler)

Psychotherapie auf der Palliativstation bietet einen sicheren Raum für Patient:innen, Angehörige und deren individuelle Bedürfnisse und Themen.
Sich in seinen Gefühlen, Schmerzen, Gedanken, Sehnsüchten und Sorgen gesehen, verstanden und gehalten zu fühlen, kann schon spürbare Erleichterung mit sich bringen.

Mögliche Themen in unserer Begleitung:

• Hilfe zur Entspannung (in Schmerz und Angst)
• (Wieder)finden innerer Kraftquellen
• Körperwahrnehmung
• Erinnern und Reflektieren des Lebens
• Finden von letzten Wünschen
• Familienthemen
• Annehmen der Situation
• Umgang mit Angst und Ohnmacht

Wenn der Zugang über die Sprache erschwert ist, kann Körperpsychotherapie (Leibarbeit) eine wohltuende Möglichkeit darstellen. Berührt werden und in diesem Berührtsein sich selbst und die Verbindung zu einem anderen Menschen wahrzunehmen, kann Entspannung, Geborgenheit und Ruhe mit sich bringen.

Menschen in palliativer Betreuung, egal ob als Patient:innen oder als Angehörige, sind oft mit tiefgreifenden, existentiellen Fragen konfrontiert. Neben den medizinisch-pflegerischen und psycho-sozialen Aspekten, gewinnen oft religiös-spirituelle Themen an Bedeutung. Menschen, die in ihrem Leben noch eine Hoffnungs-, Kraft- und Sinnquelle haben, entdecken auch in schwierigen Situationen Haltepunkte.

„Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie.“
(F. Nietzsche )

Diesem Suchen, Fragen, Klagen und Finden einen Raum und Gehör zu geben ist Aufgabe der religiös-spirituellen Begleitung. Durch das DA-Sein in persönlichen Begegnungen, in Riten, mit Symbolen und religiösen Feiern, können diese Erfahrungen eine Resonanz finden und zum Tragen kommen. Aufgabe der Seelsorge ist es, Brückenbauer zu sein und den ,,Himmel offen“ zu halten, damit die Menschen ihre aktuellen Erfahrungen transzendieren können.

Lic. Gerhard Häfele, MSc
Krankenhausseelsorger, LKH Hohenems

Wenn ein Familienmitglied schwer erkrankt, fällt nicht nur der betroffene Mensch in eine Krise, sondern das ganze (Familien-)System gerät aus dem Gleichgewicht. Das Leben aller Beteiligten ändert sich und verlangt Neuorientierung. Genau hier setzt die Aufgabe der Sozialarbeit an. Sie richtet den Blick auf die vorhandenen Ressourcen und Bewältigungsstrategien bei Patient:innen sowie deren Zu- und Angehörigen. Dadurch wird die Handlungs- und Entscheidungskompetenz der Betroffenen gestärkt.

Die Schwerpunkte des sozialarbeiterischen Handelns liegen bei Information und Beratung, Vermittlung von Hilfssystemen (Krankenpflegeverein, Mobile Hilfsdienste, 24-Stunden-Betreuung, Pflegeheime, Hospizbegleitung etc.) und der Durchsetzung sozialrechtlicher Ansprüche (Pflegegeld, Pensionsanträge etc.). Wichtig sind das Hören und Erkennen der besonderen Lebenssituationen und der damit verbundenen Ängste und Sorgen. Entlastungsgespräche für Patient:innen sowie deren Zu- und Angehörige werden angeboten. Die Sozialarbeit macht es sich zur Aufgabe, gemeinsam mit Medizin, Pflege, Psychotherapie und Seelsorge für ein hohes Maß an Lebensqualität für die Betroffenen während der Zeit auf der Palliativstation und danach zu sorgen.

Seit 1. Jänner 2022 ist die Beihilfe zu assistiertem Suizid in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.

Palliative Care hat sich schon bisher intensiv mit ethischen Fragen am Lebensende auseinandergesetzt und möchte auch Patient:innen, die in ihrer Not den Wunsch äußern, „Sterben zu wollen“, begleiten.

Die Möglichkeiten der palliativen Unterstützung reichen von ambulanten Angeboten (Beratungsgespräch, Besuch durch das Mobile Palliativteam) bis hin zur Möglichkeit einer stationären Behandlung.

Palliativbetreuung steht für eine gute Symptomkontrolle, Erhaltung der Lebensqualität und ein „natürliches Sterben in Würde“. Eine stationäre Begleitung eines assistierten Suizids wird auf der Palliativstation nicht durchgeführt.

Im März 2022 startete das Pilotprojekt "Palliative Care goes School". Ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Ärzt:innen und Pflegefachkräfte stellte Jugendlichen im Rahmen des Religion- und Ethikunterrichts  die Palliativarbeit vor. Drei Ärzt:innen und fünf Pflegepersonen waren Teil des Projektteams. Im Zeitraum zwischen März und Juni wurden  insgesamt 26 Schulklassen mit ca. 550 Schüler:innen besucht.

In den zwei Unterrichtseinheiten wird besonderer Wert auf einen interaktiven Austausch mit den Jugendlichen gelegt: Patient:innen-Geschichten aus der Praxis werden präsentiert,  Diskussionen zu gesellschaftsrelevanten Themen wie z.B. der assistierte Suizid werden geführt, ein Trauerposter wird von den Schüler:innen gestaltet etc.

 Eine wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch die FH Vorarlberg (ein Fragebogen wird eine Woche vor dem Schulbesuch, ein zweiter eine Woche nach dem Schulbesuch ausgefüllt).

Erste Auswertungen zeigen eine großes Interesse der Schüler:innen an der Palliativarbeit. 

Link: Ergebnisse der Umfrage: Wie bewertest du den Schulbesuch durch das Palliativteam"
Link: Ergebnisse der Umfrage: Denkst Du, dass es für Schüler:innen wichtig ist, etwas über Palliativbetreuung zu erfahren?
Link: Gegenüberstellung der Ergebnisse: Nach dem Schulbesuch ergab sich ein „deutlich positiveres Bild“ über die palliative Arbeit.

Die vorgestellten Inhalte scheinen den Schüler:innen wichtig zu sein und ein Vergleich der Begriffe, die Jugendliche mit Palliative Care Betreuung assoziieren, ergibt einen signifikanten Unterschied vor und nach dem Schulbesuch: Die Schüler:innen sehen die Palliativarbeit nach dem Besuch des Palliativteams unter einem ganz anderen, positiverem Gesichtspunkt:  intensives Leben auf der Station, Hoffnung, Humor etc., werden jetzt genannt, Begrifflichkeiten, die sie vor dem Schulbesuch nicht mit Palliativarbeit in Verbindung gebracht haben.

Diese sehr erfreulichen Rückmeldungen haben uns dazu bewogen, das Schulprojekt 2023 auf ganz Vorarlberg (alle 7. Klassen) auszudehnen.

Unterstützt wird dieses große Projekt von der Gesellschaft zur Unterstützung von Palliative Care in Vorarlberg.

Unsere Jahresberichte geben einen Überblick über die Leistungen der Abteilung. Die Jahresberichte in chronologischer Reihenfolge finden Sie hier.